Das Anmischen des Filmentwicklers und der Beginn der Filmentwicklung.

Hier ist jetzt nicht der Ansatz von Pulverentwicklern gemeint, sondern das Anmischen der Entwicklerlösung in der gewünschten Konzentration und Temperatur. Die Dose sollte bereits mit dem Film beschickt sein, wenn dieser Schritt hier angefangen wird, denn es geht dann sofort mit dem Entwickeln los!

Wichtige Utensilien:

Mehrere Becher, z.B. 500ml Joghurt-, sagen wir ganz allgemein: Milchproduktebecher, eine Mensur (250 ml), oder der zuvor eingemessener klarer Puddingbecher (200 - 250 ml). Thermometer, (Mensur 25 ml), Taschenrechner (oder Kopfrechenkünste)


Kaltes Wasser benötigt!

Der Entschluss, Filme zu entwickeln, kommt ja meistens nicht innerhalb von Minuten. Man kann deshalb also bei Zeiten eine Flasche Leitungswasser in den Kühlschrank stellen.

Steht diese Flasche mit gekühltem Wasser nicht zur Verfügung, dann kann man auch mit Eiswürfeln Wasser abkühlen. Diese müssen aber vollständig geschmolzen sein, bevor wir die entgültige Temperatur messen, denn die Schmelzwärme zieht sonst die Temperatur stetig nach unten.

Noch schneller erhält man kaltes Wasser mit der Eisflasche: Es gibt 1l - Kunstoffflaschen mit rechteckigem Querschnitt. Diese füllt man mit nur ca 1/5 der gesamten Füllmenge (150 - 200 ml) und legt diese Flasche ins Tiefkühlfach. Nach einigen Stunden ist das Wasser zu einer flachen und damit großen Fläche gefroren. Um dann eine kleine Menge, vielleicht 300 ml, Wasser auf ca 12°C abzukühlen, füllt man diese Menge in die Flasche mit der Eisfläche, verschließt diese, und schüttelt dann, mit der Eisfläche nach unten, 30 - 60 sec. Dann wird das Wasser wieder in einen Becher zurückgeschüttet. Auf diese Weise komme ich am schnellsten an kaltes Wasser, weil ich oft vergesse, die Wasserflasche vorher in den Kühlschrank zu stellen. Die Eisflasche kommt dann sofort wieder ins Tiefkühlfach und wartet auf die nächste Entwicklung.




Ablauf des Entwickleranmischens,  Beginn der Entwicklung:

Links haben wir wieder einen Temperaturfahrplan. Oben rechts, rot, die bereits bekannte Form vom Eichvorgang. Der grüne Pfeil zeigt die Temperatur, die der (Stamm-) Entwickler fährt, nämlich auf die Einfülltemperatur TEinf. Unten links sind die drei verschiedenen, von der Verdünnung 1 + n (n = 1,2,3), abhängigen anzumischenden Temperaturen für das Verdünnungswasser. Zu berechnen sind TEinf und TWn.

Das alles hier sieht auf den ersten Blick sehr kompliziert und mühsam aus. Nach einer Weile wird man merken: Ist es aber gar nicht, man muss sich nur dran gewöhnen.

1. Dose und Hülle zerlegt ca. 15 min Raumtemperatur annehmen lassen, und zwar in dem Raum, in dem auch der Film eingespult wird. Film(e) einspulen und Dose im selben Raum lassen, damit sich deren Temperatur nicht ändert. Als Dosentemperatur TD gilt die Raumtemperatur. Sie wird mit dem selben Thermometer gemessen wie die anschließenden Messungen in den Flüssigkeiten.

2. Temperaturdifferenz b zur Solltemperatur TM ausrechnen, also z. B. 25,2 - 21,1 = 4,1°C (21,1° sind bei meinem Thermometer "echte"  20°C). Nur hier, bei den 21,1°C, wird dieser Anzeigefehler berücksichtigt, bei allen Temperaturen unten kann der Wert wie abgelesen ohne Korrekturberechnung benutzt werden. Aber die Genauigkeit von 1/10°C bis 2/10°C sollte schon eingehalten werden

3. Diese Differenz mit dem passenden Dosenfaktor kD multiplizieren, also  z.B. 4,1 x 0,29 = 1,189, gerundet 1,2 K. Wir sehen also: Um 4,1°C in der Dose zu "vernichten", muss der Entwickler nur um 1,2 K unter der Solltemperatur (das kleine gelbe Kästchen) eingefüllt werden:
Die Einfülltemperatur errechnet sich also zu:   TEinf = TM -  (TD - TM)  kD

4. Stammentwicklermenge nach der Tabelle
auswählen gemäß benötigter Endmenge und Verdünnung. Stammentwicklermenge abmessen und in einen 500 ml Becher schütten. Soll mit einem Flüssigkeitskonzentrat gearbeitet werden, dann nehmen wir statt Stammentwickler Wasser für 1+1, und die folgende Mischungsrechung kann genauso benutzt werden. Die geringe Menge des Entwicklerkonzentrats wird dann der Gesamtmenge (250 ml, 500 ml) einfach zugefügt.

5. Temperatur TEst des Stammentwicklers messen, dabei warten, bis sich die Anzeige nicht mehr ändert. Die Wartezeit hängt vom Thermometer ab, sie kann bis zu 30 sec oder noch länger sein. Bei mir ist diese i.d.R. mit der Umgebungstemperatur identisch, der Entwickler wird in der Wohnung in einem Schrank aufbewahrt, und nicht in einem kalten Keller.

6. Um den Entwickler auf die Einfülltemperatur zu bringen, müssen wir Wasser niedrigerer Temperatur (TWn) zumischen. Die Differenz zwischen TESt und der Einfülltemperatur
TEinf ist in der Grafik mit a markiert und durch den grünen Pfeil dargestellt.. Für die Temperatur des dem Entwickler beizumischenden (bei zu mischenden ?, Rechtschreibreform)  Wassers gilt:
T
Wn = TEinf  - (TESt - TEinf) / n =
TEinf  -  a / n, mit n = Verdünnungsverhältnis aus 1 + n (n = 1, 2, 3, ...).

7.
Nun muss man also Wasser in ausreichender Menge in der Temperatur TWn anmischen, und zwar aus dem kalten Wasser und Leitungswasser. Dabei hilft wieder ein Joghurtbecher, in den wir abwechselnd kleinere Mengen des kalten und des wärmeren Leitungswassers einfüllen und dabei ständig die Temperatur messen. Mit einiger Übung dauert das Anmischen nur kurze Zeit, die ersten Male sind etwas nervig. Tipp: Vorher mal üben! Wir müssen nur sicher sein, dass auch ausreichend Wasser mit TWn angemischt ist.

Auch hier kann man sich das Leben etwas einfacher machen, wenn man überschlägig die Wassermengen ausrechnet. Sagen wir, wir wollen 400 ml Wasser mit der Temperatur TWn = 15°C anmischen, und wir haben Leitungswasser von 22°C (TLW) und kaltes Wasser von 12°C (TK) vorhanden. Dann ist das Mengenverhältnis mK / mLW = (TLW - TWn) / (TWn - TK)  = (22 - 15) / (15 - 12) = 7 / 3, also ca 280 ml kaltes + 120 ml Leitungswasser, und wir sind den gewünschten 15°C schon recht nahe.

8. Und jetzt werden zügig die n -Teile von der 1 + n Verdünnung in demselben Becher wie zuvor abgemessen und zur Stammlösung geschüttet. Also z.B. 3 x 125 ml Wasser wenn wir 500 ml Entwickler in der Verdünnung 1 + 3 benutzen wollen.

9. Und jetzt die Zeituhr starten, den Entwickler in die Entwicklerdose einfüllen, den Stülpdeckel aufdrücken, Dose einmal für 5 sec auf den Kopf stellen, um zu sehen, ob sie dicht ist (ansonsten Deckel nachziehen oder Stülpdeckel nachdrücken), und ab die die Thermohülle. Den Verschluss aufsetzen, 30 s bis 60 s kontinuierlich kippen, und dann jeweils nach 30 oder 60 sec jeweils 1 mal kippen, je nachdem, für welchen Rhythmus man sich entschieden hat.



Für die Bequemlichkeit gibt's hier ein Excel Sheet zum Downloaden, mit dem alle notwendigen Berechnungen leicht vorgenommen werden können.



Was lief jetzt in der Dose ab?

Der Film hat sich wegen seiner geringen Masse (ca. 4g) schlagartig, zumindest in wenigen Sekunden, auf die Einfülltemperatur TEinf abgekühlt, die ja nur wenig unter der gewünschten konstanten Temperatur von 20°C liegt. Der Film, bzw. die Emulsion nimmt duch die Abkühlung keinen Schaden, weil die Gelatine der Emulsion noch nicht gequollen und damit weich geworden ist. Erst die weiche Gelatine ist empfindlich.

Die Dose und der innere Teil der Thermohülle geben Wärme an den Entwickler ab, und dessen Temperatur steigt deshalb auf 20°C an. Dieser Ausgleichsvorgang ist zum größten Teil nach 30 - 60 sec abgeschlossen, nach spätestens 3 min bewegt sich die Temperatur nicht mehr. Und danach läuft die Entwicklung bei konstanten 20°C konstant und reproduzierbar ab. Das ist der Sinn des ganzen Aufwands, der mit etwas Erfahrung flüssig von der Hand geht.

Am Ende der Entwicklung kann man die Dose in einen Joghurtbecher entleeren und nach dem Einfüllen des Stoppbads die Temperatur messen. Sie wird nur wenig von 20°C abweichen.

Wie gering diese Abweichung ist, konnte ich jetzt mit einem elektronischen Thermometer ( Selbstbau) nachprüfen (Dose aus Isomatte): Dazu wurde der Sensor zuerst zum Messen der Doseninnentemperatur 5 min in der Dose unten, inneres Rohr, gelassen, Dose offen, aber schon in der Hülle stehend. Diese Temperatur war bei Raumtemperatur 24,5 °C dann auch 24,5 °C. Die Dose blieb in der Hülle! Beim Anmischen des Entwicklers wurde das elektronische Thermometer benutzt: Es ist ein wahrer Sprinter bei der Anzeige im Vergleich zu einem traditionellen Thernometer mit Alkoholfüllung.
Dann wurde der Sensor außen mit Klebeband auf die Dosenseite auf halber Höhe geklebt. Der Entwickler wurde mit der berechneten Untertemperatur von 19,1 °C eingefüllt, die Dose verschlossen und sofort in die Hülle gestellt. Deckel drauf und 30 sec konstantes Kippen. Dann jeweils wieder alle 30 sec kippen. Bereits nach 60 sec war die Temperatur an der Dose außen auf 20,8 °C gefallen. Zieht man in Betracht, dass über die Wand der Dose zur Flüssigkeit noch ein Temperaturabfall besteht, kann man davon ausgehen, dass die Flüssigkeit sicher schon 19,9° C erreicht hat, auf alle Fälle schon sehr nahe an den gewünschten 20,0 °C liegt. Bei der Entwicklungszeit von 22 min (400 ASA in Verd. 1+2) ist man also schon nach 5% der Zeit auf der richtigen Temperatur. Die Temperatur fiel langsam weiter ab, und nach ca. 3 min ist die Dose innen isotherm und die 20,0 °C  waren erreicht. Danach bewegte sich die Temperatur längere Zeit überhaupt nicht. Aber dann fing die unvermeidliche Erwärmung an: Mit einer Geschwindigkeit von 0,0125 K/min (das sind 0,1K in 8 Minuten!) stieg die Temperaur an. Nach den 22 min war sie auf 20,2 °C gestiegen, also praktisch überhaupt nicht. Das Ganze bei 500 ml Entwickler. Nun, bei nur 250 ml Entwickler und 28 °C oder noch höheren Temperaturen wird  die Erwärmung etwas schneller verlaufen, aber immer noch so gering sein, dass am Ende vielleicht nur 21 °C erreicht wurden. Ich werde es im Sommer ausmessen.


Die in der Grafik gezeigten Zusammenhänge erlauben mir, die notwendigen Berechnungen im Kopf vorzunehmen.




Version: 1.3  Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund 10. 06. 2006