Messen von Temperaturen mit Halbleitern
LM 35 / 135 / 235 / 335 oder npn-Transistor


Das Messen von Temperaturen mit elektronischen Mitteln hat einen gewissen Reiz: Heute sind ausreichend genaue Vielfachmessinstrumente zu minimalen Preisen verfügbar, im Supermarkt bekommt man manchmal schon für ein paar Euro ausreichend genaue DMMs (Digitales Multi-Meter) angeboten. Muss man nun nicht ständig Temperaturen messen, sollte ein Vorsatz, der eine temperaturabhängige Spannung liefert, als Instrument für den gelegentlichen Einsatz ausreichen.

Man kann diese Schaltungen aber auch mit fertigen Volt-Meter-Modulen benutzen. Diese werden vom Elektronikfachhandel mit einem Messbereich von meistens 200 mV als LCD- oder LED-Module  angeboten.

Auf dieser Seite sind jetzt nun ein paar Erfahrungen samt Schaltungen und Bauanleitung zum Selbstbau aufgeführt.


Ergebnis: Man kann, etwas Aufwand vorausgesetzt, zu präzisen Messungen kommen. Unter präzise verstehe ich eine Abweichung von ±1 K vom Sollwert im Bereich 0 °C bis 100 °C und Berücksichtigung der Investition. 

Wie immer beim Messen von Temperaturen wird die temperaturabhängige Veränderung einer Stoffeigenschaft ausgenutzt: Bei klassischen Thermometern verändert sich das Volumen der eingefüllten Flüssigkeit (Alkohol, Quecksilber) mit der Temperatur. Jedes Metall ändert seine elektrische Leitfähigkeit mit der Temperatur, allerdings nur sehr gering.

Hier wird das Verhalten eines Transistors benutzt: Die Basis-Emitter-Spannung UCB nimmt mit steigender Temperatur um ca. -2 mV/K ab. Dabei ist das circa ernst zu nehmen: es liegt zwischen 1,9 und 2,5, jedenfalls nach meinen recht jungen Erfahrungen. Ändert man das Vorzeichen dieser -2 mV/K und verstärkt das ganze etwa 5-fach, dann kommt man auf 10 mV/K. Diesen Spannungsanstieg kann man gut mit einem oben erwähnten DMM messen und hat also recht preiswert ein Thermometer, das eine Ablesegenauigkeit von 0,1 K aufweist. Soweit die Theorie.

Abgleich der Thermometervorsätze

Thermometer-Vorsatz mit Transistor, etwas aufwändiger, aber leichter zu eichen.

Praktische Erfahrungen

Hinweis: für den Einsatz der LMx35 mit Mikrocontrollern gibt es eine Folgeseite, aus erklärungstechnischen Gründen steht der Link aber unter der Vorstellung der LMx35 und deren Schaltungen.

Thermometer-Vorsatz mit LM 35

Ein sehr einfacher Vorsatz lässt sich zusammenbauen mit dem von vielen Herstellern angebotenen LM 35. Dieser ist schon lange verfügbar und bietet durch "on-the-chip" Abgleich theoretisch eine gute Genauigkeit. Diese wird allerdings in den Untertypen versteckt. Lt. Datenblatt von NS (11/2000) sind diese Untertypen spezifiziert:

LM35, LM33A:  -55 °C <=> +150 °C ; LM35C, LM35CA: -40 <=> 110 °C ; LM35D: 0 °C <=> 100 °C. Die Genauigkeit (und der Preis) sinken von links nach rechts. Kaum ein Händler wird uns den geführten Untertyp nennen: Ausgewiesen wird der LM 35. Was wir dann erhalten, lässt sich nur am gelieferten IC (mit der Lupe) lesen. Hinweis: Falls Ausgewiesen, steht die Endung "Z" für das Plastikgehäuse.

Die Basis-Beschaltungen sind sehr einfach:

1) Die Minimalschaltung erlaubt eine
Betriebsspannung zwischen 4 V und 35 V und liefert mit einer Steigung von 10 mV/K eine Spannung proportional zu °C am Ausgang A. Für 0 °C werden auch 0 V abgeliefert. Das macht diese einfache Schaltung für Messungen von nur positiven Temperaturen interessant. Sie kann auch für die Verwendung an Analog-Digital-Konvertern interessant sein, wenn dort auch die geringe Steigung des Messwerts unbequem sein könnte.

2) Hebt man den Fußpunkt an, hier mit zwei Silizium-Standarddioden um ca 1,3 V, dann kann Vout bezogen auf Vref auch negativ werden, man kann also auch negative Temperaturen messen.

Für beide Schaltungsvarianten gilt: Sie sind relativ bequem, nicht justierbar und liefern für 100 °C 1 V als Spannung. Die Genauigkeit sollte für praktische Fälle eigentlich ausreichen und ist zwischen ± 0,5 °C und
± 1,5 °C je nach Typ und Temperatur angegeben.

Das war mir aber zu ungenau und deshalb wurden die LM x35 ins Kalkül gezogen:

Thermometer-Vorsatz mit LM 335 (oder 235 und 135)

Seit vielen Jahren ist ein IC mit der Bezeichnung LM 335 auf dem Markt. Genau genommen ist es die billigste Ausführung der Baureihe LM 135, LM 235, LM 335. Das Preisverhältnis dieser ICs ist, zumindest bei meinem Händler, 8,6 zu 1,6 zu 1.

Die technischen  Daten sind recht unterschiedlich:

Allgemein: Der Unterschied im Messbereich:

  LM 135: -55 °C bis +150 °C       LM 235: -40 °C bis +125 °C      LM 335: -40 °C bis +100 °C

  LM 135A,. LM 235A Die genausten Vertreter in ihrem Temperaturbereich
  LM 135, LM 235, und LM 335A  haben im jeweiligen Temperaturbereich identische technische Daten im Sinne der Genauigkeit.
  LM 335 ist der ungenaueste Vertreter der Gattung LM x35.

Hinweis: Falls Ausgewiesen, steht die Endung "Z" für das Plastikgehäuse.

Die abgelieferte Präzision bzw. der nutzbare Temperaturbereich steigt mit dem Preis; man sieht also, was eine spezielle Herstellung (Temperaturbereich), eine genaue Selektion oder ein genauer Abgleich kostet. In meiner Bastelkiste hatten sich ein paar LM 335 angesammelt, und deshalb habe ich mit einem davon gearbeitet. Die hier dargestellten Überlegungen gelten aber für die gesamte Baureihe, deshalb die Bezeichnung LM x35. Es gibt diese auch im Metallgehäuse, dann steht der Gehäusesuffix H dafür (s. aber unten die Anmerkungen über Transistoren im Metallgehäuse.) Leider sind die LMx35er ICs nicht überall erhältlich. Gibt es Beschaffungprobleme, dann.muss man eben versuchen, mit der unten genannten Transistorsonde zu arbeiten.


Das LM x35 liefert eine mit der Temperatur um 10 mV/K steigende Spannung. Es wird wie eine Zenerdiode beschaltet, s. nebenstehende Skizze. Der Nullpunkt ist auf den absoluten Nullpunkt eingestellt, so dass, theoretisch, bei 0°C eine Spannung von 2,7315 V an UA anliegt. Misst man diese Spannung mit einem DMM, so liest man die Temperatur in K ab.

Der Vorschaltwiderstand richtet sich nach der Betriebsspannung Ub: Er wird so ausgelegt, dass ca 1mA (Datenblatt: 0,4 mA - 1,5 mA)  Messstrom durch den LM x35 fließt und errechnet sich mit (Ub - 2,7 V) / 0,001 A. Geht man von einem Batteriebetrieb aus, dann sollte man den nächst niedrigeren Reihenwert der Widerstandsreihe nehmen.

Der Messstrom kann zum Problem werden: Über dem LM x35 fällt eine elektrische Leistung an, die zwar recht gering ist, aber trotzdem zu einer gewissen Eigenerwärmung des Chips und damit zu einer Fehlanzeige führt, wenn z.B. Lufttemperaturen gemessen werden. Man kann das nach dem Einschalten sehen: Die angezeigte Spannung steigt innerhalb weniger Sekunden um 3 mV ( = 0,3 K ) bis 5 mV ( = 0,5 K ) an.

In dieser Grundschaltung ist die
absolute und relative Genauigkeit gering: Anzeigefehler von mehreren K sind vorhanden und werden im Datenblatt auch angegeben. Sie ist deshalb nur für ein überschlägiges Messen geeignet. Außerdem kann die Temperatur nur in K abgelesen  werden.

Relative Genauigkeit:
Wie genau ist die Temperaturdifferenz zwischen zwei Anzeigewerten?  Beispiel: sind die 4 K zwischen 22,5 °C und 26,5 °C wirklich 4 K, oder nur 3,8 K oder 4,2 K. D. h. verändert sich die absolute Genauigkeit mit der Temperatur ?
Absolute Genauigkeit:
Wie genau ist die angezeigte Temperatur im Vergleich zu einem absoluten Wert? Beispiel: sind die angezeigten 25,2 °C wirklich 25,2 °C und nicht 24,6 °C oder 26,2 °C ?


LM x35 mit Justierung als Thermometer-Vorsatz

 Die ICs haben einen am dritten Bein herausgeführten Justierungsanschluss (Adjustment). Dieser wird lt. Datenblatt so wie nebenstehend beschaltet. Es wird von einem "One-Set Adjustment" gesprochen. Mit einer Einstellung lasse sich die Spannung UA so einstellen, dass sie relativ genau der absoluten Temperatur / 100 folgt. Man kann sich das Leben erleichtern, wen man für dieses Poti eine Präzisionsbauform wählt. Die angegebenen 10k sind ernst zu nehmen, mit höheren Werten scheint keine Steuerung mehr einzutreten. Im Zweifelsfall also eher etwas weniger Ohm als 10k für dieses Poti.

Der Grund für diese Hoffnung ist klar: Mit dem Justierungsanschluss kann man die Verstärkung des IC-internen Verstärkers einstellen, also die Steigung der Geraden bestimmen, mit der die Spannung gemäß der anliegenden Temperatur anwächst.

Zu einem genauen Ergebnis käme man allerdings nur, wenn die verlängerte Gerade des Spannungsverlaufs bei y = 0 V die x-Achse bei -273,15 °C schneidet. Das ist leicht gesagt, aber offenbar schwer getan, denn es stellte sich heraus, dass es mitnichten damit getan ist, UA bei 25°C auf 2,98 V (2,73 V + 0,25 V) einzustellen. Bei einer Abkühlung auf unter 10 °C war die angezeigte Spannung schon mehr als 10 mV ( = 1 K ) neben der Anzeige des Referenzthermometers.

Diese noch einfache Beschaltung kann also höhere Ansprüche an Ablesegenauigkeit nicht erfüllen. Allerdings verbessert sich die Genauigkeit enorm mit der im folgenden genannten einstellbaren Referenzspannung.

Den Aufbau kann man zusammen mit der unten stehenden Referenzspannungsquelle leicht auf einer Lochstreifenplatine vornehmen. Zur Spannungsversorgung eignet sich eine 9 V - Blockbatterie. Ich habe, weil ich nicht jeden Tag messen werde, sogar eine Spannungsversorgung durch ein Steckernetzteil vorgezogen, weil die Batterie sicher eher an Altersschwäche als an Erschöpfung ihren Dienst quittiert. Das IC wird mit einem 3 - poligen dünnen Kabel angeschlossen. 
Nun, wer verlangt, dass wir die über dem LM x35 liegende Spannung immer gegen Masse, und damit absolut, messen? Im Datenblatt gibt's eine Idee, sich eine Referenzspannung von 2,73 V zu erzeugen, und dann UA gegen diese Spannung zu messen. Und diese Spannung muss, so das Datenblatt, genau auf 2,7315 V eingestellt werden!

Keine Panik, niemand muss jetzt ein Voltmeter mit einer Anzeigegenauigkeit von 5 Stellen kaufen! So hypergenau muss es nicht sein, und es wäre auch wieder nur eine Pseudogenauigkeit, siehe weiter unten.

Diese Hilfsspannung kann man recht einfach mit einem Spannungsregler LM317L und nebenstehender Schaltung erzeugen. Die Referenzspannung kann damit zwischen 2,4 V und 3,2 V eingestellt werden. Vorsicht beim Umdimensionieren: Am Ausgang 3 des ICs müssen ca. 3 mA abgenommen werden, damit die Stabilisierung richtig läuft.

Eine Alternative zum LM 317 ist  das TL 431 (s.u.). Es kommt schon mit 1 mA zum stabilen Arbeiten und könnte, da die Stabilisierung etwas anders abläuft als mit dem LM 317, eine Batterie schonen..

Die genaue Einstellung auf 2,7315 V führt nicht zu einer genauen Temperaturanzeige, weil die interne Genauigkeit des LM 335 Z (Z ist die Ausführung im Plastikgehäuse) absolut unzureichend ist. Wir haben jetzt die bei Elektronikern gefürchtete "Multipotentiometerschaltung", und diese muss abgeglichen werden. Wie dieses relativ gut und verblüffend genau geht, dazu gleich mehr.

Mit dieser einstellbaren Referenzspannung kommen wir zu einer sehr präzisen Ablesegenauigkeit der Temperatur.  (s. auch Schaltung mit TL 431 weiter unten)


Rechts die aufgebaute Schaltung auf Lochrasterplatine

Oben der "externe" LM 335Z, der mit einem 100 cm langen Dreifachkabel mit der Schaltung verbunden ist.

Der große schwarze IC ist eine weitere Alternative zu den genannten Stabilisierungs-ICs, aber nur bei Versorgungsspannungen über 12V: Der gute alte µA 723. Davon waren einige in der Bastelkiste. Wenn ich die Datenblätter richtig verstehe, dann hat dieser sogar eine wesentlich bessere Temperaturstabilität für die Referenzspannung als der LM 317L.

(Abb.: Deckel entfernt.)
Und noch 'ne Schaltung: schaltung_mit_431_135 Die Erfahrungen und Neugier haben mich verleitet, einmal in einen teuren LM 135 zu investieren. Außerdem wurde als Referenzelement  für die Hilfsspannung von 2,7315 V auf den TL 431 zugegriffen.

Die für das gesamte gültige Minimal-Schaltung siehe links.
Die Erfahrungen: Stellt man hier mit dem 500 Ohm Poti Uref auf 2,73(15) V ein und justiert dann mit dem 10k-Poti auf eine beliebige Temperatur ein, dann liegt man auf Anhieb schon sehr viel näher an den wirklich richtigen Werten als mit einem LM 335Z. Es scheint sich also schon auszuzahlen, in einen LM 335A, LM 235 oder LM 135 zu investieren, so man diese bekommt.

Zu Messergebnissen s. unten.
Zu den physikalischen und elektronischen Grundlagen der LM35 / LMx35 gibt es ein umfangreiches und anspruchsvolles englisches Papier. Dieses wurde ursprünglich verfasst von National Semiconductor. Natsemi ist von Texas Instruments übernommen worden, den Artikel gibt's in überarbeiteter Form sogar heute noch hier. Öffnen lohnt sich m. E. für Anfänger nicht.


Spreizung der Messwerte.
Man kann die Steigung eines LMx35 von 10 mV/K anheben, um z. B. beim Messen mit den ADC eines Mikrocontrollers eine höhere Auflösung oder Genauigkeit zu erzielen.

Bevor man sich daran begibt, sollte man das IC AD 22100 (zugelassener Temperaturbereich -50°C - 150°C, Typ A = ±1K, garantiert für -40°C - +85°C, Typ K =
±0,5 K, garantiert für 0°C - 100 °C ) von Analog Devices anschauen, das mit einer Steigung von 22,5 mV/K die Werte ausgibt und für ca. 5 V  Speisespannung ausgelegt ist. Die hohe Genauigkeit wird nur für eine stabilisierte Speisespannung von 5,0 V angegeben, die Beschaltung ist extrem einfach, s. Datenblatt.

Hier ein Schaltungsentwurf mit einem LM x35 und einem Ausgang, der zwischen 0 V und einem einstellbaren Niveau liegt. Und der eine Spreizung erlaubt, also einen Durchlauf von (fast) 0 V bei 0 °C zu 5 V bei 100 °C.

Sie stellt eine Ergänzung zu der oben grün unterlegten Grundschaltung dar: Es ist nichtinvertierender Verstärker angeschlossen. Mit ihm kann durch den Wert von Vref der Nullpunkt fast beliebig gesetzt sowie der Temperaturbereich eingeengt und
durch die Verstärkung gespreizt werden.

Die Schaltung ist mit LTSpice berechnet und bedarf Erläuterungen: Die Bezeichnung LM324 steht für einen Verstärker dieser Reihe, man fährt mit einem halben 324er, dem LM358 besser. R4 und R1 sind Ersatz für Potentiometer in der Berechnung. Mit R4 wird Vref eingestellt, Dieser Wert liegt in etwa auf der Mitte des vom LMx35 gelieferten Spannungsbereich im vorgesehenen Temperaturbereich. Hier: 0 °C - 100 °C = 2,73 V - 3,73 V (s. rote Kurve), Mitte ca. 3,4 V (= violette Linie im Schaubild). Man sieht, dass die Ausgangsspannung für den Swing von 0 °C auf 100 °C den Bereich von 0,25 V bis 5 V durchläuft. Stellt man R4 höher ein, dann beginnt der Bereich bei einer höheren Temperatur, erhöht man R1 und damit die Verstärkung, dann werden 5 V eher erreicht. Achtung: Und für höhere Temperaturen überschritten! Das kann den ADC-Eingang eines MCs zerstören. Um das zu verhindern, muss man den Eingang über einen Widerstand von 47k bis 100k anschließen. In der praktischen Ausführung wird man R1 durch eine Reihenschaltung von 560 Ohm + Poti 500 Ohm, R4 durch 56k + 50k (oder mehr, wenn der Bereich eingeengt werden soll,) ersetzen. R6 repräsentiert einen Vorwiderstand und ein 50 µA Messgerät, man kann also auch etwas analog anzeigen, wenn man den Anfangsfehler hinnimmt. Der Strom ist durch die braune Linie repräsentiert.

Man kann die Schaltung auch über einen digitalen Ausgang eines MCs versorgen, der Strombedarf liegt bei ca. 5 mA. Die Einschwingzeit von LMx35 und TL431 beträgt etwa 1 µs, man kann also nach dem Einschalten und einer Totzeit von 2 µs mehrere Messungen direkt hintereinander ausführen und damit Oversampling betreiben. Danach wird die Versorgung wieder abgeschaltet. Auf diese Weise kann man die Eigenerwärmung und den damit verbundenen Messfehler minimieren. Für die Versorgung mit 5 V muss R5 auf 680 Ohm reduziert werden, wegen der Beschränkung des ICs LM358 kann die Ausgangsspannung 3,5 V nicht überschreiten, setzt man aber einen Rail-to-Rail OP wie z. B. TS912, MCP606/7/8/9, MCP 601/2/3/4, LMC 662, .. ein, dann geht das schon. Es ergeben sich für den zuvor genannten Temperaturbereich folgende Änderungen: R4 = 1k2, R1 = 50k.

Bevor man etwas konkret auf einer Platine zusammenlötet, empfiehlt es sich, das zuerst auf einem Breadboard bzw. Steckbrett auszuprobieren.

Eine aufwändigere Lösung mit einer ganz unüblichen hängenden Anordnung der grünen Grundschaltung für den Einsatz an Microcontrollern findet sich hier.

Abgleich mit hoher Präzision: Die Eichung
Der Abgleich einer Messeinrichtung bedeutet immer ein Beobachten und Justieren des
Messgerätverhaltens an wohl definierten Punkten.

Der Referenzpunkt für 0 °C
Für Temperaturen ist ein sehr gut definierter und sehr leicht herstellbarer Referenzpunkt der 0 °C Punkt (eigentlich ist es der sogenannte Tripelpunkt von 0,01°C , bei dem sich Wasserdampf, Wasser und Eis treffen, die drei Aggregatzustände).
Diese Temperatur kann man wie folgt leicht herstellen:
Man friert ein kleine Menge (z. B. ein KB-Film-Döschen zu 7/8 voll) entmineralisierten Wassers ("Destilliertes Wasser" aus dem nächsten Super- oder Drogeriemarkt) ein. Jüngste Erfahrungen zeigen, dass es mit üblichem Leitungswasser nicht klappt: Der Gefrierpunkt liegt wegen des Mineralgehalts bei ca. -1 °C.
Als Gefäß für die Lösung benutzen wir eine Thermoskanne, wie sie in vielen Haushalten zum Warmhalten von Kaffee zu finden ist, und die erst einmal gut ausgespült wird. Hier kommt der Eiszylinder aus demineralisiertem  Wasser hinein, und in etwa dieselbe Menge (nicht viel mehr!) an demineralisiertem Wasser kommt hinterher. Diese Eis-Wasser-Mischung wird dann ein paar Minuten lang durch Pendeln der Kanne bewegt. Dann hat die Mischung mit hoher Genauigkeit 0 °C erreicht und wird diese Temperatur lange halten. Bei mir dauerte es über 2 h, bis der Eiswürfel geschmolzen war. Beim Messen die Kanne immer wieder pendelnd schütteln.

Der Referenzpunkt für ca. 36 °C
Nach Vergleichen mit so genannten  "Präzisions-Thermometern" für Farbfilm-Entwicklungsprozesse und immer stärker werdenden Zweifeln an der Genauigkeit dieser Thermometer ist mir dann mal eingefallen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in den meisten Haushalten ein sehr genaues Thermometer vorhanden ist. Meines trägt sogar eine Eichbanderole: Ein Fieberthermometer! Der Eichort für unseren Sensor ist die Achselhöhle, denn unser Körper liefert die passende Temperatur und die Achselhöhle ist unter normalen Umständen ein recht isothermer Ort. Also beim Eichen nicht unbedingt ständig Kniebeugen machen!


Der IC wird eingepackt, wenn's in die Achselhöhle geht

Der IC kann mit "nackten" Beinen, also noch unversiegelt (s.u.), ohne Probleme in die 0 °C Referenzlösung gesteckt werden: Demineralisiertes Wasser hat einen sehr geringen Leitwert, der geringe Leitwert ist sogar eine Qualitätsangabe für demineralisiertes Wasser.
Wenn es aber in die Achselhöhle geht, dann sollte man den IC etwas einpacken, ich habe dazu ein kleines Plastiktütchen benutzt. Grund: Der immer vorhandene Schweiß ist chemisch recht aggressiv und auch ziemlich salzig. Diese Umgebung,
geringste Mengen reichen, bekommt "nackten" IC-Beinen und Lötstellen gar nicht. Sie korrodieren, und das manchmal erst sehr lange Zeit nach dem Kontakt mit den Schweiß. Das Salz führt zu einer elektrisch leitfähigen Umgebung und führt deshalb zu Fehlmessungen. Der Sensor am Draht bleibt natürlich unterm Arm wenn das Fieberthermometer herausgezogen wird.

Zuerst die Steigung der Geraden einstellen.
Das Problem des Abgleichs ist, dass wir den Referenzpunkt des LM x335 nicht erreichen können: Der absolute Nullpunkt ist nicht mal so nebenbei zu erreichen, noch würde das IC dort arbeiten.  Wir müssen also an beiden Referenzpunkten immer wieder messen, weil die Verstellung der Steigung sofort beide Messpunkte beeinflusst.
Deshalb meine Empfehlung: Zuerst wird nur an der Steigung der Geraden gedreht, d. h. an dem 10k-Poti parallel zum LM x35, bis immer die selbe Abweichung von der "richtigen Temperatur"  bei 0 °C und dem mit den Fieberthermometer gemessenen Wert eingestellt wurde. Das benötigt eine ganze Reihe von Messungen im Eiswasser und unter der Achsel. Darauf achten, dass Fieberthermometer und LM x35 möglichst an derselben Stelle in der Achselhöhle zu liegen kommen. Hat man schließlich die Einstellung des 10k-Potis so hinbekommen, dass die Abweichung bei beiden Messpunkten die selbe ist, dann dreht man an einem der beiden Punkte an dem 500Ω-Poti der Referenzspannungserzeugung, bis der genaue Temperaturwert erreicht ist. Die Gerade wird dadurch nur in der Y-Achse verschoben, ein eher unkritischer Vorgang.


Das Ergebnis: Ein hoch genaues Thermometer

Nach der Justierung haben wir einen DMM-Vorsatz erhalten, mit dem wir Temperaturen vom Tiefkühlfach bis zum kochenden Wasser eigentlich sehr genau messen können, jedenfalls sehr viel genauer, als mit gängigen traditionellen preiswerten Thermometern. Und da unser Messfühler klein und beweglich ist, können wir an Orten Temperaturen messen, die uns mit traditionellen Thermometern verschlossen bleiben. Also eigentlich ein großer Gewinn!

 Die Alternative: Thermometer-Vorsatz mit Transistor als Sensor

Nach den Ergebnissen mit dem LMx35 schien es interessant, auch mal auszuprobieren, ob nicht auch ein normaler npn-Transistor als Wärmesensor zu brauchbaren Ergebnissen führt. Die Basis-Emitter-Spannung bei konstantem Basis-Emitter-Strom fällt um ca. -2 mV/K. Andere Quellen reden von -2,2 mV/K. Die geraden Linien in manchen Datenblättern machen glauben, dass dieser Wert recht linear von der Temperatur abhängt. Leider ist dem nicht so.

Die Schaltung (bei Bedarf Foto unten mit Doppelklick laden und Drucken) mit einem normalen npn-Transistor als Fühler ist zwar etwas aufwändiger als mit einem LMx35, ist dafür aber wesentlich leichter zu eichen. Auch diese Schaltung wurde als "Bastelkisten-Projekt" angegangen, d.h. es sollten keine speziellen Teile benutzt werden. Ein Nachbau sollte also ohne Probleme möglich sein. Als Messtransistor kann jeder npn-Typ benutzt werden, bei mir war es ein BC238B bzw. später ein SMD-Transistor.

Die Auslegung erfolgt wieder auf einen Batteriebetrieb mit einer 9V-Blockbatterie. Mit einem LM317L besorgen wir uns einen konstanten Strom von ca. 3 mA, dieser wird durch R1 eingestellt. Die Betriebsspannung für die Operationsverstärker entnehmen wir direkt der Batterie. Die Verstärkung der OPVs ist nur in sehr geringem Maße abhängig von Änderungen der Betriebsspannung, die sich mit der Zeit etwas reduziert. Die Schaltung sollte für Spannungen bis 7,2 V  einwandfrei laufen, ein Wert, den auch eine teilentleerte 9 V -Blockbatterie nicht unterschreiten sollte.

Der Spannungsteiler R1 - P1 - R2 - R3 legt die notwendigen Referenzspannungen fest:

Über R3 bleiben ca. 3 V stehen. Diese Spannung steuert die um V1 aufgebaute spannungsgesteuerte Konstantstromquelle. Über R4 steht dieselbe Spannung wie über R3. R4 ist mit 33k weitaus größer als R3, so dass hier nur ca. 100 µA fließen.
Je geringer die Stromstärke durch den Sensor, um so geringer die im Sensor erzeugte Eigenleistung und damit Erwärmung. Diese macht in den LMx35 bei Messungen in z. B. Luft schon merkbare Probleme. Am Ausgang von V1 bzw. den kurzgeschlossenen Basis-Kollektor-Anschlüssen des Transistors liegt also eine Spannung an, die mit ca. -2 mV/K sinkt.

R2 hebt den Fußpunkt des darüber liegenden Potis P1 um ca. 360 mV an, während über dem Poti P1 ca. 300 mV stehen. Dieses Potenziometer dient dem Null-Abgleich.

Für Stromgeizhälse und zur Batterieschonung: Der Strom durch den LM317L kann bis auf 1 mA zurückgenommen werden. Dann wird R1 = 1k2 genommen, R2 = 330, R3 = 3k3 und P1 = 250R. Die eingezeichneten Spannungen verschieben sich dadurch leicht, dies sollte aber kein Problem darstellen.

Der Schleifer des Potis P1 liegt am nicht invertierenden Eingang des invertierenden Verstärkers V2, dieser setzt die sinkende Spannung am Messtransistor in eine steigenden Spannung von 10mV/K um. Mit dem Poti P2 wird genau die Steigung des Spannungsanstiegs eingestellt. Die Spannung UR für 0 °C wird mit den "-"-Eingang des Messinstruments verbunden, der Ausgang des V2 (UA) mit dem "+"-Eingang.

Der Nachbau geht wegen der geringen Teileanzahl recht gut auf Lochraster
streifenplatine (s. Foto unten). Als Operationsverstärker V1/V2 eignen sich viele 2-fach-Operationsverstärker, getestet wurden MC1458, LM 358, NE 5532, TL072, TLC27L2(CP) (und damit war mein Vorrat am Ende.) Wie die erste, ist auch diese Schaltung so klein, dass sich z. B. Schraubenkästchen als Gehäuse eignet.

Bei dem von mir verwendeten Transistor beträgt die Temperaturabhängigkeit - 2,5 mV/K

Eine mit PSPICE gerechnete Nachprüfung (mit realem Transistormodell)  zeigt die Tabelle. Für den weiten Temperaturbereich ist die Genauigkeit doch recht ansprechend.

Wie man weiter unten sehen kann, wurde mit mehreren Messfühleranordnungen experimentiert.

Das Ergebnis lässt sich so zusammenfassen:
Die Linearität des LM x35 lässt sich mit der angegebenen Schaltung mit dem Transistor als Fühler nicht erreichen. In der Gleichung für die Basis-Emitterspannung steht (leider) der Sperrstrom, und dieser ist nicht-linear temperaturabhängig, und deshalb sind
es die realen Schaltungen noch mehr. Man kann sehen, dass für eingeschränkte Temperaturbereiche die absolute und relative Genauigkeit der Messung mit Transistor durchaus sehr gut sein kann, aber über den Bereich von 0 °C bis 100 °C schon mit erheblichen Abweichungen zu rechnen ist.

Geht es also um den vollen Temperatur-Bereich: "The Winner is LM x35"!.

Geht es aber um beschränkte Bereiche, um hohe Ansprechgeschwindigkeit, oder Messungen in Gasen mit geringen oder keinen Bewegungen, dann kann es durchaus Sinn machen, mit SMD-Transistoren zu arbeiten, weil diese wegen der sehr geringen Eigenmasse und der geringen Eigenerwärmung genauere Ergebnisse liefern. Notfalls muss man halt eine "Abweichungskurve" erstellen und diese mit Programmen auswerten.



Anklicken des Fotos lädt ein Platinenlayout und ein paar Bautipps.







Die Eichung

Der Eichung ist viel einfacher als bei der Lösung mit dem LMx35: Zuerst wird mit dem Eis-Wasser-Gemisch an P1 die Anzeige am Messgerät auf 0 eingestellt. Dann wird mit dem Fieberthermometer gemessene Temperatur durch Drehen an P2 auf die Anzeige des DMM gebracht. Also keine große Fummelei wie mit dem LM x35!
Allerdings gibt es dabei eines zu berücksichtigen: Ist eine große absolute Genauigkeit, sagen wir im Bereich 0 °C bis 50 °C, gewünscht, dann sollte man die Eichung so vornehmen, dass die mit dem Fieberthermometer gemessene Temperatur auch angezeigt wird. Wird man jedoch später eher im Bereich 0 °C bis 100 °C messen, dann könnte es praktischer sein, die Körpertemperatur 0,2 K bis 0,3 K unter den mit dem Fieberthermometer angezeigten Wert einzuregeln. Wegen der durchhängenden Kennlinie erhält man dann bei höheren Temperaturen Meßwerte etwas näher am "richtigen" Wert.




Nun sind Anfragen eingelaufen, wie man denn in einem engeren Bereich, z. B. von 20°C - 25°C mit einer hohen Auflösung
Temperaturen messen kann. Und dazu noch mit einer Spannungsversorgung von 5 V wie z. B. über einen USB-Anschluss.

Dieses lässt sich mit einer leichten Variation der obigen Schaltung erreichen:

Dieses mal wird ein TL431A zur Erzeugung der Referenzspannungen benutzt. Die 2,5 V des Referenzeingangs werden auch als Regelspannung für den Konstantstrom durch T1 u. R5 benutzt. Die an T1 der Temperatur entsprechend sinkende Basis-Spannung wird mit dem um Q2 aufgebauten invertierenden Verstärker erheblich verstärkt (hier mit ca. 500). Der Einsetzpunkt des linear verstärkten Spannungsbereichs wird mit dem Schleifer auf R9 eingestellt (Nullpunkt).

Der Versuchsaufbau auf einem Steckbrett lief sofort. Mit dem gezeichneten Wert von 500k für R7 durchläuft der Ausgang den Bereich von 0 V - 3,6 V für 21,7 °C bis 25,5 °C (gerechnet). Die praktische Prüfung zeigte: Der genannte Spannungsbereich wurde relativ schnell nach Beginn einer Bestrahlung mit einer 50 W Quarzlampe durchlaufen.

Das Poti R7 mit 500 k ist symbolisch zu verstehen. Die invertierende
Verstärkung wird durch das Verhältnis R7 / R6 bestimmt. Es lässt sich deshalb in weiten Grenzen einstellen. Es kann sinnvoll sein, diese Poti durch einen Festwert + Poti zu ersetzen, also z. B. 390 k Festwert + 200k Poti, um genauer einstellen zu können.

Zum Eichen, also zum Einstellen der Temperaturgrenzen, geht man so vor: Der Transistor T1 wird auf den unteren  Wert des auszuwertenden Temperaturbereichs gebracht. Dann wird an R9 gedreht, bis ein Ansteigen von Vout festgestellt wird. Nun wird T1 auf den oberen Temperaturwert gebracht und an R7 gedreht, bis Vout leicht unter der Aussteuerungsgrenze steht.

Die Speisespannung kann auch höher als 5 V sein. Zu beachten ist die Wahl des Operationsverstärkers: Hier wurde ein LM 358 benutzt, dessen Ausgangsspannung nicht größer als (Ub - 1,5 V) werden kann. Denkt man an eine Auswertung mit einem ADC, dann kann man die Spannung Vref, die bei der gezeigten Dimensionierung bei ca. 3,6 V liegt, falls möglich, an den Vref+-Eingang des ADCs legen, um die Auflösung zu erhöhen. Will man den "Swing" des Verstärkers erhöhen, setzt man einen Rail-to-Rail Verstärker (TS 912, LT1498, ...) ein. Genaueres hier.

Diese Schaltung ist eine "allgemeine" Lösung für eine Schaltung mit Transistor als Sensor und Null als Referenz für den Ausgang. 


Versiegelung der Lötanschlüsse an den Messfühlerbeinchen.
Der besondere Charme dieser elektronischen Thermometer ist, dass man Temperaturen in einem Bereich von -40 °C bis +100 °C und mehr an Orten messen kann, die mit normalen Thermometern nicht zugänglich sind. Will man in Flüssigkeiten oder anderen Orten messen, die nicht gerade Zimmerbedingungen haben, muss man die Lötanschlüsse versiegeln.  Wie man sehen kann, habe ich nach reiflicher Überlegung die Beinchen des Transistors ( bei mir ein BC238B ) und des LM 335Z auf ca. 3mm gekürzt. Die Lötstellen wurden dann mit einem modernen, chemisch hochresistenten Kleber wie z. B. UHU MaxRepair, Pattex Repair Extreme Power oder anderen versiegelt.

Um zu sehen, ob die Ansprechgeschwindigkeit bei reduzierter Eigenmasse des Sensors angehoben werden kann, habe ich noch mit zwei ausgebauten SMD-Transistoren experimentiert. Der Erste  wurde noch auf ein dreipoliges Kabel "geklebt". Und in der Tat war die Ansprechgeschwindigkeit dieses Winzlings deutlich höher als der beiden "dicken" Kollegen. Die ultimative Eigenmassenreduzierung sieht man rechts: Der SMD-Transistor ist mit dünnem Draht ( die Drähtchen sind aus der Abschirmungswicklung eines Diodenkabels gezupft ) angeschlossen. Deutlich kann man den Emitteranschluss und die verbundenen Basis- und Kollektor-Anschlüsse sehen. Auch diese Anordnung wird wieder mit dem genannten Kleber versiegelt, wobei die obere und untere große Fläche des Transistorgehäuses frei bleiben soll, um einen ungestörten Wärmeübergang zu erreichen. Wie auch noch zu sehen ist, habe ich versucht, die Ecken des Transistorgehäuses abzufeilen, allerdings ohne großen Erfolg, denn man stößt sofort auf die Bleche der Beinchen im Gehäuse. Der Freiraum zwischen Kabel und Transistor musste beim Versiegeln mit Kleber noch mit eine klitzekleinen Stück Glasfaser unterstützt werden, um eine ausreichende Stabillität zu erreichen.

Es dürfte nicht sehr intelligent sein, den gesamten Messfühler mit z. B. Polyester oder 2-Komponentenkleber zu umhüllen, weil dann der Masse erhöht und damit die Reaktionsgeschwindigkeit auf Temperaturänderungen reduziert wird. Diese Reaktionsgeschwindigkeit kann man ggf. noch dadurch erhöhen, dass man das Gehäuse mit einer Feile an der runden, im Foto hinteren, Seite "platt" feilt. Aber Vorsicht: Erwischt man dabei eines der hauchdünnen im Gehäuse eingegossenen Anschlussdrähtchen, dann ist der Fühler hinüber.

Transistor mit Metallgehäuse? Besser nicht!

Beim ersten Aufbau der Schaltung habe ich versuchsweise einen Transistor mit Metallgehäuse (BC108) benutzt. Die Wärmeleitung in Metall ist wesentlich besser als in Kunststoff, also eigentlich sollte die Messung schneller sein! Der erste Test war dann, den Finger auf das Gehäuse zu drücken. Die Reaktion auf die Temperaturänderung war aber wesentlich träger! Grund: Das Metallgehäuse hat auch eine wesentlich höhere Wärmekapazität als das Kunststoffgehäuse. Will man also Temperaturen in Gasen (Luft) messen, dann ist man offenbar mit dem Kunststoffgehäuse weitaus besser bedient. Überdies isoliert der Kunststoff elektrisch. Das Metallgehäuse würde einen metallischen Messgegenstand auch auf Kollektor-Basis-Potenzial legen, mit der Gefahr eines Kurzschlusses gegen Masse. Vieles spricht also für das Kunststoffgehäuse.


Transistoranschlüsse unbekannt?
So prüft man diese aus: Klicken!



Ein weiterer Mitstreiter: Bei ELV (elv.de) gab es früher mal einen "Temperaturmessvorsatz für Multimeter" als Bausatz für ca. ¤ 12. (Artikel-Nr: 6819177). Daten: von -20 °C bis +100 °C mit 10 mV/K und einem "Linearitätsfehler des Sensors" von ± 0,1 K. Der Preis war OK, angesichts einer gedruckten Platine und des Lieferumfangs. Allerdings kommt ein leichtes Stirnrunzeln angesichts der genannten Genauigkeit hoch, denn der Sernsor basiert auf einem PTC-Fühler der Baureihe KTY 81-121. Das Datenblatt zeigt aber, dass der Widerstandsverlauf dieses Sensors nun nicht linear mit der Temperatur ist. Tietze-Schenk liefert ein recht umfangreiches Kapitel über die mögliche Linearisierung dieses Verlaufs. Die ELV-Schaltung folgte diesen Vorschlägen recht genau. Damit erreichte man wahrscheinlich eine recht genaue Folge der Ausgangsspannung bezogen auf den temperaturabhängigen Sensorwiderstand, aber die Spannung (bzw. deren Ablesung als Temperatur) kann nicht
± 0,1 K genau auf die tatsächlich vorliegende Temperatur sein. Man muss eben genau hingucken, wie die Spezifikation lautet. Damit soll aber nun nicht gesagt sein, dass dieser Vorsatz unbrauchbar ist.
Ein paar Anmerkungen über die Linearisierung der KTY's auch hier.

Wer sich jetzt fragt, was benutzt man denn am Besten: Vielleicht hilft das hier weiter, ein kurzer Vergleich KTY81 - LMx35!


Praktische Erfahrungen:


Mit beiden Schaltungen kommt man zu meines Erachtens sehr zuverlässigen Messwerten. Der LMx35 reagiert auf Temperaturwechsel sichtbar schneller als der Messtransistor BC238, offenbar ist der Wärmewiderstand des Gehäuses geringer. Die SMD-Transistoren sind jedoch die Mess-Sprinter! Durch die hohe Genauigkeit der beiden Fixpunkte glaube ich den gemessenen Temperaturen wesentlich mehr als meinen klassischen Thermometern.

Das Vergleichen mit Standardthermometern lehrt einiges über Thermodynamik. Ich habe meine beiden Standardthermometer und die Sensoren mit etwas Klebeband zu einer Einheit verbunden, so dass die Thermometerspitzen und die Sensoren sich an etwa demselben Ort befanden. Nach einer Weile hatten sich alle auf Raumtemperatur eingestellt, wobei festzustellen ist, das der LMx35 eigentlich nur sofort nach Spannungsaufgabe sich z.B. auf 23,2 °C einstellt, dann aber noch um 0,3 - 0,5 K anwächst, was auf die Eigenerwärmung durch den Messstrom von 1 mA zurückzuführen ist. Dieser Sensor ist also für kontinuierliche Messungen in Gasen mit geringer Bewegung eigentlich nicht geeignet. Man müsste ihn z. B. über einen Mikroprozessor anfahren, in dem man einen Ausgang auf 1 legt, die Messung ausführt, was nur wenige Millisekunden in Anspruch nimmt, und dann wieder für mehrere Sekunden abschalten. Der Transistor ist wegen des geringeren Messstroms und der geringeren Spannung ( ca. 0,5 V) weitaus geringer durch Eigenerwärmung belastet.

Legt man jetzt dieses Bündel z. B. auf einen Zimmer-Heizkörper, dann sieht man, dass der LMx35 am schnellsten reagiert und der große Transistor etwas hinterherhinkt. Das Erreichen der Endtemperatur ist aber eine Sache von nur wenigen Sekunden. Die Thermometer reagieren wesentlich träger auf die am Heizkörper aufsteigende Warmluft. Dieses ist auf die wesentlich höhere Wärmekapazität der Thermometer, insbesondere eines mit Quecksilber gefüllten, zurückzuführen. Haben die Thermometer die Endtemperatur erreicht, liegt der Messwert aber wesentlich höher als bei den elektronischen Kollegen. Warum? Das Glasgehäuse der Thermometer hat Kontakt mit dem Heizkörper und nimmt deshalb durch Wärmeleitung fast die Temperatur des Heizkörpers an. Die Sensoren liegen aber nur im Strom der aufsteigenden Warmluft, und diese hat nicht die Temperatur des Heizkörpers erreicht. Legt man nun zuerst eine Wärmeisolierung auf den Heizkörper, ich habe dazu eine leere CD-Hülle benutzt, und lässt die Thermometerspitzen samt Sensoren über den Rand hinausragen, dann liegt alles im reinen Luftstrom und am Ende sind die Anzeigen fast gleich. Man sieht also deutlich: Eine Temperaturmessung ist ein Ausgleichsvorgang, bei dem das Messgerät die Temperatur des zu messenden Mediums annehmen muss. Und zur Beurteilung des Messergebnisses muss man sich schon etwas Gedanken über die Messumgebung machen. Ist das Messgerät schwer, wie z.B. ein Quecksilberthermometer, dann erfordert das eine merkliche Wärmeaufnahme aus der Umgebung, und das dauert seine Zeit, wenn die Umgebung nur eine geringe Wärmekapazität hat, wie z.B. Luft. Luft ist  ein guter Wärmeisolator mit geringer Wärmekapazität.

Links einige Messergebnisse: Opfer waren die beiden auf dieser Seite bisher vorgestellten Schaltungen, ein normales Laborthermometer -10 °C bis 150 °C und ein Thermometer für Farbfilmentwicklungsprozesse. Da ich nicht wissen kann, welches das korrekteste ist, habe ich für die Darstellung mal die Abweichungen zur der mit dem LM 335 gemessenen Temperatur aufgetragen.

Was sieht man: Ich bin offenbar ein schlechter Thermometerableser, denn die Sprünge in der violetten Kurve machen nicht viel Sinn, aber es ist auch schwierig, auf einer 1 °C-Skala Zwischenwerte abzulesen. Das Transistormessgerät hat leider einen exponentiellen Anstieg des Messfehlers im Bereich über 60°C, davor liegen die Werte mit dem LM 335 eigentlich gut zusammen. Und die Kurven beider traditionellen Thermometer haben dieselbe, oder stark ähnliche, absteigende Tendenz. Das macht mich noch etwas nachdenklich. Sollte das LM335 u.U. selbst eine etwas steigende Tendenz haben?  Dann wäre das Messgerät mit dem Transistor eigentlich nicht mehr ein "präzises" Instrument. Die Grafik macht auch deutlich, was ich unter "präzise" verstehe: Eine Abweichung unter 1K über einen weiten Temperaturbereich.



Die Kurven links zeigen nochmals Vergleichsmessungen: Die drei Teilnehmer waren: Die oben gezeigte Schaltung gmit dem LM 135 / TL 431; Die Basisschaltung mit dem LM 335Z im roten Kästchen oben, und die ELV-Platine.

Die "neuen" Schaltungen (LM135 und ELV) wurden erst einmal wie oben beschrieben bei 0 °C und ca. 36 °C geeicht und dann noch einmal in einem Messzyklus von 0 °C bis 100 °C zusammen mit dem LM335Z unterworfen. Links sehen wir die Messungen bei ansteigender Temperatur, rechts, nachdem die ELV Schaltung bei kochendem Wasser auf denselben Wert wie die Anzeige des LM 135 nachjustiert worden war, Messungen im abkühlenden Wasser. Aufgetragen ist die Anzeigedifferenz zu der Anzeige des LM 135.

Der Interpretation macht etwas nachdenklich: Genauigkeiten im Bereich von zehntel Graden sind wohl nur sehr schwer herzustellen, schon das gleichzeitige Ablesen von drei Messinstrumenten ist wohl schwieriger als gedacht. Die drei Sensoren befanden sich nahe beieinander, sagen wir mal, innerhalb des Volumens eines Zuckerwürfels. Die Kaffeekanne mit dem Wasser und dem kleinen Tauchsieder wurde konstant geschwenkt, um ständig Bewegung und damit isotherme Verhältnisse in der Kanne zu haben. Bei Temperaturen bis 60 °C wurde der Strom für den Tauchsieder immer wieder für die Messung abgeschaltet und erst dann abgelesen, wenn die Anzeige für den LM 135 ein paar Sekunden konstant war, d.h. die Restwärme des Tauchsieders nach dem Abschalten ins umgebende Wasser geflossen war. Bei höheren Temperaturen war der Energieverlust durch die Öffnung der Kaffeekanne so groß. dass ein Stillstehen der Temperatur bei ausgeschaltetem Tauchsieder nicht mehr erreicht werden konnte; mit einem Dimmer wurde dann der Strom reduziert, bis die Temperatur ein paar Sekunden konstant blieb, und dann abgelesen. Der KTY81 zeigte eine große Empfindlichkeit auf die Bewegung der Messanordnung: Solange die Kanne nicht bewegt wurde, zeigte dieser Fühler eine deutlich ( 1 bis 2 K ) niedrigere Temperatur an als nach der Bewegung. Die LM x35 Kollegen waren hier nicht so empfindlich.

Vergleicht man den Verlauf der oberen Kurven in beiden Diagrammen, dann sieht man die Schwierigkeit, reproduzierbar Temperaturen bestimmen zu können. An den Werten der Schaltung wurde nichts geändert: Das linke Bild zeigt die ansteigende Temperatur; der Tauchsieder wurde immer wieder für 12 sec eingeschaltet, was ca. 5 K Temperaturerhöhung bedeutete. bei 100 °C (Exakte Anzeige 100,3 °C) kochte das Wasser eine Weile. In dieser Zeit wurde das ELV Gerät nachjustiert (auf 100,3 °C). Danach zeigte das LM 335Z aber 100,8 °C an! (?). Auf dem rechten Diagramm sehen wir dann die Abkühlung, es dauerte ca. 2 h bis in der Thermoskanne die 40 °C vorhanden waren. Theoretisch sollte der Verlauf der beiden oberen Kurven in etwa gleich sein, er ist es aber nicht. Auch die starken Ausschläge des KTY 81 sind eigentlich nicht so richtig erklärbar.

Die alte Regel: Wer misst, misst Mist! gilt wohl auch wieder hier. Meine Schlüsse aus diesen ganzen "Forschungsarbeiten" sind: Temperaturen
reproduzierbar zu messen ist wohl alles andere als leicht, zumindest dann, wenn es auf's zehntel Grad genau sein soll, von höheren Genauigkeiten ganz zu schweigen. Die Messanordnung spielt eine sehr große Rolle. Die realen Genauigkeiten der Sensoren sind von den in Datenblättern angegebenen wohl sehr verschieden. Im normalen Alltag spielt eine solch hohe absolute Genauigkeit aber auch keine Rolle. Aber ich bin jetzt viel skeptischer als früher (wo ich schon immer als Pingel galt), wenn jemand auf's Thermometer guckt und sagt, wir haben 23,2 °C, oder 70,8 °C, oder ... Wieviel + und - hätten's denn gerne?


Version: 1.44  Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund, 02.09.2021