Die Thermoschutzhülle wird geeicht: Der erste Schritt auf 20°C

Der Bau der Thermohülle ist beschrieben, aber wie wird eine konstante Entwicklungstemperatur von, sagen wir, 20°C eingestellt? Denn Kühlen oder Heizen können wir die Entwicklerdose in der Hülle kaum. Es wäre zwar nicht ausgeschlossen, aber technisch sehr aufwändig.

Um zu verstehen, was jetzt erforderlich ist, muss leider ein kleiner Exkurs durch die Physik der Wärme durchlaufen werden. Wem die Erläuterungen auf dieser Seite zu knapp sind, findet hier bald einige weitergehende Erläuterungen.


Und wer Physik fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, kann diesen Teil hier zwischen den Linien (vielleicht) auch überspringen.

Ein Gesetz der Wärmelehre besagt, dass Körper, und das sind Festkörper, Flüssigkeiten und Gase, Wärme aufnehmen und abgeben können. Und dieses geschieht, so lange eine Temperaturdifferenz zwischen den zwei Körpern vorhanden ist.

Die Wärmeenergiedifferenz zwischen zwei Temperaturzuständen wird beschrieben durch:

W = m * c
p * (T2 - T1)

wobei m = Masse des Körpers, T2 = Temperatur nach der Änderung, T1 = Temperatur vor der Änderung, und cp die spezifische Wärme ist.

Stehen zwei Körper im Kontakt, dann ist die Energieaufnahme des einen Körpers gleich der Energieabgabe des anderen Körpers., wenn sonst keine Umgebungseinflüsse vorhanden sind. Unsere Isolierhülle "isoliert" die Dose und den inneren Teil der Hülle recht gut von der Umgebung.

Von dem Ausgleich der Energie(-inhalte) wird hier Gebrauch gemacht: Die Dose und die Isolierhülle haben am Anfang meistens eine wesentlich höhere Temperatur als die 20°C Solltemperatur. Wird Wasser in einer Temperatur unter 20°C eingebracht, dann sollte sich eine Mischtemperatur von exakt 20°C einstellen lassen.

Den Wärmeenergieaustausch kann man formulieren mit

    WE = -WD       E = Entwickler, D = Dose

oder, durch Einsatz der ersten Formel, mit TM als Mischtemperatur

    mE * cpE * (TE - TM) = -( mD * cpD * ( TD - TM))

Mit einigem Umformen wird daraus eine Formel, in der nur noch leicht messbare Temperaturen stehen:

    (mD * cpD) / (mE * cpE) = 
(TM - TW) / ( TD - TM)  =  kD , der "Dosenfaktor"

Dieser "Dosenfaktor"
kD lässt sich allein durch das Messen von 3 Temperaturen ermitteln und berechnen und kann deshalb leicht bestimmt werden. Wie auf der linken Seite zu sehen ist, spielt die Masse des beteiligten Entwicklers (250 ml, 500 ml, ??? ml) und die Masse der Entwicklungsdose (1 Spule, 2 Spulen) noch eine Rolle. Der Dosenfaktor muss deshalb für jede Betriebsart separat bestimmt werden. Wir schlabbern dabei mal den Dichteunterschied zwischen reinem Wasser und Entwicklerlösung.



Damit wir diese Einfülltemperatur für den Filmentwickler später ausrechnen können, müssen wir die Wärmeverhältnisse vorher ausmessen. Die nebenstehende Grafik soll den Eichvorgang erläutern: Oben sehen wie den roten Pfeil nach unten, Das ist der Betrag, um den sich die Temperatur der Dose ändert. Das Wasser, durch den unteren blauen Pfeil angedeutet, ändert seine Temperatur nur wenig. Das ganze ist ein "Temperaturfahrplan".

Dazu benötigen wir:

Die später benutzte Filmentwicklungsdose, Thermometer mit 2/10 °C Skala, Messbecher zum Flüssigkeitsabmessen, Uhr, kaltes Wasser und die gebaute Thermohülle.

Kaltes Wasser besorgt man sich am Besten dadurch, dass man einige Stunden zuvor eine Flasche, gefüllt mit Leitungswasser, in den Kühlschrank stellt.

Die Isolierhülle und die demontierten Dosenbestandteile werden liegend an einer Tischkante, möglichst nicht in Heizungsnähe, für mindesten 15 min mit dem Thermometer ausgelegt. Man kann dann davon ausgehen, das diese Teile die Raumtemperatur ausreichend genau angenommen haben. Das Thermometer wird abgelesen, der Wert als Umgebungstemperatur TU = TD aufgeschrieben.

Jetzt geht's ans Wassermixen, das Ergebnis sollte ca. 5° - 7° C kälter sein als die Umgebungstemperatur TU. Diese Temperatur TW genau messen und aufschreiben.


Temperaturmessungen:

Das Thermometer ausreichende Zeit in der Flüssigkeit lassen. Mein Alkohol -Thermometer benötigt z.B. fast 60 sec, um genau anzuzeigen. Zum Temperaturmessen deshalb folgende Regel: Thermometer so tief wie möglich eintauchen,  Thermometer ruhig, aber ständig bewegen, als "Rührer" benutzen, dabei Prüfen,  ob die Anzeige konstant bleibt oder sich noch ändert,


Die benötigte Wassermenge abmessen. Achtung: es gibt Dosen, die andere Flüssigkeitsstände erwarten als meine.

Die Dose wird jetzt zusammengebaut, als ob wir Film(e) entwickeln wollten, aber natürlich nicht mit Film beschickt. Die erforderliche Wassermenge wird eingefüllt, die Dose verschlossen, in die Isolierungshülle engesetzt, und 3 min ständig gekippt. Und dann wird der Deckel abgezogen und die Mischungs-Temperatur TM gemessen.

Die Formel, mit der der "Dosenfaktor" kD berechnet wird, ist
(TM - TW) / ( TD - TM)  =  kD

Doseneinstellung
Entwicklermenge
Tu = TD TW = TE TM
"Dosenfaktor"  kD
1 Film 135, 1 Spule
 250 ml




2 Filme 135, 2 Spulen
 500 ml




1 oder 2 Filme 120, 1 Spule
 500 ml





Die kD-Werte liegen bei mir bei 0,44 , 0,29 , und 0,267 in der Tabellenreihenfolge von oben nach unten. 

Die Berechung kann man auch auf Blatt 2 in einem kleinen Excel-Programm vornehmen, dass es hier zu laden gibt.

Diese Faktoren muss man nur einmal bestimmen.



Version: 1.1  Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund, 16. 12. 2005