Kritik an anderen Bauanleitungen im Netz bzw. Fehler bei Styroporschneidern:

Es gibt jede Menge Bauanleitungen für Styroporschneider im Netz, in denen mit dem Thema Draht und Stromversorgung etwas großzügig umgegangen wird, um es mal vorsichtig auszudrücken.

So heißt es manchmal: Man nehme einen (Widerstands-) Draht von 0,3 mm bis 0,5 mm Durchmesser, ohne genauer zu werden. Und dazu ein kleines Steckernetzteil von 8 V / 800 mA(!).

Was bedeutet das jetzt für die Stromversorgung? Diese kleine Tabelle zeigt, dass der Strom mit dem wachsenden Durchmesser erheblich ansteigt und beträchtliche Werte annehmen kann:

Tabelle 2:
spez. Widerstand Konstantan bei 400 °C
0,507



Ohm mm²/m
Drahtdurchmesser
0,30 0,35 0,40 0,45 0,50 mm
Querschnittsfläche  0,07 0,10 0,13 0,16 0,20 mm²
spez. Widerstand
7,17 5,27 4,03 3,19 2,58 Ohm/m
gewünschte spez. Leistung
40 W/m 2,36 2,76 3,15 3,54 3,94 A
Versorg. Spann.
f. 10 cm Draht

1,69 1,45 1,27 1,13 1,02 V

60 W/m 2,89 3,37 3,86 4,34 4,82 A


2,07 1,78 1,56 1,38 1,24 V

80 W/m 3,34 3,90 4,45 5,01 5,57 A


2,40 2,05 1,80 1,60 1,44 V

Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die Widerstandswerte sinken mit dem Drahtradius quadratisch. Macht man sich klar, dass die obigen Widerstandswerte für einen Meter gelten, und in Anleitungen teils eine Schneidedrahtlänge von nur 10 cm angegeben wird, dann liegen Widerstände von 0,7 Ohm bis 0,26 Ohm vor. Das ist sehr wenig, fast Kurzschluss! Rechnet man die bei gegebenem Widerstand und Strom notwendige Speisespannung aus, dann liegt diese sehr niedrig, wie man sehen kann, im 1 V bis 2,5 V -Bereich mit beachtlichen Stromstärken. Einen solchen Trafo kann man kaum kaufen.

Werden jetzt Trafos mit höherer Voltzahl eingesetzt, dann muss Spannung über einen Vorwiderstand "vernichtet" werden. Dabei wird aber oft der Fehler gemacht, nicht auf die erforderlichen Stromstärken zu achten: Für keinen in der Tabelle genannten Draht reichen 2 A aus! Werden kleine Steckernetzteile von dem Kurzschluss auf fast 0 V heruntergezogen, dann wundern sich die Autoren noch darüber, dass keine Spannung mehr messbar sei!

Eine "elegante" Stromversorgung?

Es  gibt zumindest eine Bauanleitung im Netz, die auf den ersten Blick gut aussieht. Sie ist häufig verlinkt, der Verfasser, nennen wir ihn Mister X, bat aber einen direkten Link hier nicht erscheinen zu lassen. Die Anleitung hat es aber in sich: es werden auch dort einige böse Fehler gemacht, die häufig gemacht werden und deshalb hier einmal "durchgenommen" sein sollen.

Links die Funktionsblöcke im Blockschaltbild und rechts die von Mister X empfohlene Implementierung dazu:


GrundSchaltBild1



Zur Stromversorgung wurde ein Trafo 12 V / 2 A ausgewählt. Der Schneidedraht R2 ergibt sich auf Grund der vorgeschlagenen Konstruktion mit einem Haltebügel ähnlich einer Laubsäge mit 10 cm Länge und einem Widerstandsdraht mit 0,35 mm Durchmesser und 5 Ohm/m zu 0,5 Ohm. Zur Stromeinstellung dient ein Hochlast-Potenziometer von 10 Ohm / 30 W.

Auf den ersten Blick sieht das nicht schlecht aus, aber einer Detailuntersuchung halten die Komponenten nicht stand:
  1. Der Draht benötigt für eine Leistung von 60 W/m gemäß der obigen Tabelle 3,37 A und für 80 W/m sogar 3,9 A. Dem stehen eine Bemessungssstromstärke des Trafos von nur 2 A gegenüber. 3,9 A bedeuten eine fast doppelte Stromanforderung. Eine derartige Überlast steckt der Trafo bei nur kurzen Einschaltzeiten zwar weg, im Dauerbetrieb wird er aber heiß bis sehr heiß. Weiteres hier bei Überlastbetrieb eines Transformators. Über den Spannungsabfall des Trafos hier kann man leider hier nur spekulieren, aber sagen wir mal 10 % bei 3 A und 20 % bei 4 A.
  2. Der Drehwiderstand R1 soll den Strom begrenzen: Es ergeben sich:

    spez. Leistung Gesamtwiderstand davon im Poti (bezogen auf 10 Ohm in %) Leist. i. Poti (I²*R)
      40 W/m 11,5 V / 2,76 A = 4,2 Ohm 3,7 Ohm = 37 % 28,2 W
      60 W/m 10,8 V / 3,37 A = 3,5 Ohm 3 Ohm = 30 % 34 W
      80 W/m 9,6 V / 3,9 A = 2,5 Ohm 2 Ohm = 20 % 30,4 W
    100 W/m 9 V / 4,3 A = 2 Ohm (Zahlen geschätzt) 1,5 Ohm = 15 % 27,7 W

    Man schaue sich mal die beiden letzten Spalten an: Mit zunehmender Heizleistung muss zwangsläufig der Widerstand des Potis kleiner werden. Dieses geht nur durch Zurückdrehen desselben. Damit wird aber auch die zulässige Belastung reduziert. Die zulässige Belastung eine Potis gilt immer für die volle Länge, hier also 30 W bei 10 Ohm. Dreht man das Poti auf die Hälfte, dann haben wir 5 Ohm aber auch nur noch die halbe zulässige Belastung: 15 W. Hier liegen aber 113% (34 W von 30 W) auf 30 % der Potifläche auf (= 10 W). 34 W an Stelle von 10 W: Es dürfte etwas sehr, sehr warm werden!
  3. Der Verfasser der genannten Seite hat die Empfehlung für den Trafo jetzt auf 12 V / 3 A heraufgesetzt. Was geschieht, wenn jetzt jemand einen 12 V / 4 A Trafo verwendet, weil es einen mit 3 A kaum gibt? Der Trafo wird fast mit dem Benennungsstrom gefahren, der interne Spannungsabfall fällt sehr viel niedriger aus. Damit sinken die Spannungswerte in Spalte zwei kaum, die Widerstände müssen größer bleiben. Aber in Spalte vier werden die Zahlenwerte noch höher! Zum Vergleich: mit 30 W wird ein Lötkolben schon richtig heiß!
Wie kommt man aus diesem Dilemma raus? Zum einen ist der Trafo falsch dimensioniert: ein leistungsgleicher 6 V / 4 A liegt schon sehr viel näher als der 12 V / 2 A bei den hohen Strömen und niedrigen Spannungen, die benötigt werden. Die Volt-Werte in der Spalte zwei der obigen Tabelle werden viel kleiner und damit auch die notwendigen Widerstände. Aber trotzdem kann man der Verlustleistung I²*R nicht entkommen, es sei denn, man würde für R1 ein Poti 4,7 Ohm / 50 W einsetzen, mit dem man die anfallende Leistung auf mehr Fläche bzw. Volumen verteilen könnte.

Für eine weitere Analyse der Schaltung dreht man das Poti mal auf 0 Ohm: Dann schließt der kurze Draht den Trafo sekundärseitig praktisch kurz. Der Strom wird jetzt rein durch den Innenwiderstand des Trafos bestimmt. Der Draht dürfte heftig glühen und der Trafo nach längerer Zeit sehr heiß werden, weil völlig überlastet. Dreht man das Poti auf 10 Ohm, so fließen ca. 1,2 A, was nach I²*R = zu 0,7 W auf dem Draht führt (und 14 W auf dem Poti). Man kann sich leicht vorstellen, was wärmer wird.

Die Schlussfolgerung kann nur sein: Das (sündhaft teure) Poti muss weg! Wozu muss es auch eine stufenlose Einstellung des Stroms geben? Viel preiswerter ist eine ein- oder zwei-stufige Schaltung des Stroms:

Und die bei anderen vorgestellten Schneider funktionieren doch? Ich habe das böse Gefühl, sie funktionieren nur, weil die Transformatoren (hier geht es ja um Kleintransformatoren) so gutmütig sind und eine massive Überbelastung kurzzeitig hinnehmen, sie sind ausreichend kurzschlussfest. Sie liefern sehr viel mehr Ampere mehr als spezifiziert, laufen voll in der Überlast und die Ausgangsspannung geht dabei massiv runter. Jene Bastler, die sich sagen: Ich nehme eine Stromquelle, suche einen dünnen Draht, und probiere mal, kommen sogar zu einem vorzeigbaren Ergebnis.  Auf die Dauer führt das aber zur Überhitzung und Beschädigung. Nur lässt man bis zum Entreten dieses Ereignisses kaum einen Styroporschneider eingeschaltet. Aber man könnte das Ausschalten ja mal vergessen. Und dann?

Eine E-technisch passende Auslegung wäre also schon sehr empfehlenswert.


Version: 1.4 Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund, 21.01.2011