Operationsverstärker:
Etwas derbe Erklärungen, ganz anders als üblich

Von den üblichen Bauteilen der Standardelektronik, mit denen Elektronikbastler und Anfänger in Berührung kommen, ist im ersten Moment kaum eines so rätselhaft wie der Operationsverstärker (OpAmp, OpAmps, OPV, ...)
 
Schon der Name: Operationsverstärker! Mit ihm kann man Schaltungen aufbauen, die
mathematische Grundoperationen ausführen, also multiplizieren, dividieren, addieren, subtrahieren, differenzieren und integrieren. Daher kommt der Name.

Was diese Teile so exotisch macht ist eigentlich überhaupt kein Problem: Es gibt je einen "+" und "-" Eingang. Wozu? Und viele, viele glauben, man müsse Operationsverstärker mit dualen Speisespannungen betreiben, also z.B. +12 V und  -12 V. Dieses ist für den Anfänger erst einmal schwer verständlich. Und es stimmt nicht!


Ich glaube, es trägt zum Verständnis bei, wenn man sich dem Operationsverstärker nähert wie der Physiklehrer der Dampfmaschine in dem berühmten Film "Die Feuerzangenbowle": "da stellen wir uns erst mal ganz, ganz dumm!" 
Mich wandelt beim Anblick des Schaltsymbols eines OpAmps immer die Ähnlichkeit mit einem Frosch an. Folgen wir diesem mal:

Ein Operationsverstärker hat:  

    2 Arme zum Fühlen  
    2 Beine um sich mit dem einem gegen die Speisespannungen "+" und dem anderen gegen "-" abzustemmen  
    1 "Arsch" den er bewegt, je nachdem, was die Arme so erfahren.

Er ist so gezüchtet worden, dass er mit den beiden Armen sehr sensitiv auf Spannungsdifferenzen zwischen den beiden Armen reagiert: Schon wenige µV Differenz reichen aus, den Arsch bis zum Anschlag in die jeweilige Richtung zu schieben: Ist "+" positiver als "-", dann schiebt er nach oben (im Bild ist das rechts), und umgekehrt nach unten.

Und das war es schon, in der Regel.

Stellen wir uns mal vor, dieser Frosch sitzt in einem Gehäuse, so wie es auf der Zeichnung grün angedeutet ist. Wie wir vielleicht schon gesehen haben, sind OpAmps in den meisten Fällen in schwarze Kunststoffgehäuse eingeschlossen, man könnte sich im Inneren ja einen solchen Käfig vorstellen. Der Frosch sieht von der Umgebung nichts. Er kann nur fühlen und muss darauf heftig reagieren, und zwar so, wie es in den Datenblättern niedergelegt ist.

Wir stellen uns mal vor, die beiden Fühlerarme gucken vorne raus, jeder in einem eigenen Schlitz, und hinten guckt der Arsch raus. Mir den Beinen hat der Frosch sich gut gegen "+" und "-" abgestemmt. Die Länge des Käfigs sei mal proportional der Spannungsdifferenz zwischen Vcc+ und Vcc-. Und jetzt fühlt der Frosch nach draußen, und wir gucken ihm mal in der Vorstellung zu: Da kann man nämlich jede Menge Erkenntnisse sammeln!
  1. Wäre der Abstand zwischen Vcc- und Vcc+ sehr klein, dann wären die Schlitze für die Arm- und Arsch-Bewegungen des Froschs auch sehr klein oder gar zu: Da aber das Fühlen und die Arschbewegung wichtig sind, folgt daraus: Für jeden Operationsverstärker gibt es eine minimale Betriebsspannung (Vcc+ - Vcc-)! Diese ist typabhängig und liegt zwischen 2 V und 8 V, genaueres muss man den Datenblättern entnehmen (Wenn es denn explizit drin steht! Manchmal ist das nur schwer erkennbar). Ist diese minimale Betriebsspannung nicht gegeben oder wird während des Betriebs unterschritten, so funktioniert unser OpAmp nicht richtig.

    In vielen Datenblättern werden die Speisespannungen anders bezeichnet: Vcc+ = Vdd und Vcc- = Vss

  2. Die Beine des Frosches sind an den beiden Seiten Vcc- und Vcc+ festgewachsen. Zieht man nun die beiden Spannungen auseinander und damit auch die Beine des Frosches, dann kann man einen Punkt erreichen, wo man dem Frosch die Beine ausreißt! Und dann ist der Frosch tot! Es gibt also für jeden OpAmp eine maximale Betriebsspannung  (Vcc+ - Vcc-), und auch diese muss man wieder den Datenblättern. entnehmen (praktische Werte liegen so bei 5 V bis 40 V, je nach Typ). Eine Überschreitung kann die Zerstörung des OpAmps bedeuten, wenn, dann meistens sofort!
  3. Froschbeine können sehr elastisch sein: Ein Entwicklungsziel für OpAmps war, Änderungen der Speisespannung oder Störungen darauf sollen keinen Einfluss auf die internen Zustände und des Ausgangs haben. Änderungen und Störungen der Speisespannung haben deshalb fast keinen Einfluß auf die Arschlage im beschalteten Zustand, die Froschbeine federn diese Störungen sehr weitgehend ab. Dieses nennt sich dann "Supply Voltage Sensitivity".
  4. Eine Eigenschaft des Frosches ist, sehr heftig auf kleinste Differenzen zwischen den Eingängen zu reagieren. Um diese Differenzen überhaupt feststellen zu können, gilt: Es müssen immer beide Eingänge eines OpAmps beschaltet sein. Hängt ein Arm in der Luft, kann der Frosch keine Differenzen fühlen und der OpAmp nicht funktionieren. 
  5. Für praktische Schaltungen stellt man wegen der hohen Empfindlichkeit eine Rückführung der Arschbewegung auf den "-" - Eingang her (s.u. Grundverstärkerschaltungen). Bei nicht hergestellter Rückführung spricht man von Komparatorschaltung. Diese kennt am Arsch nur zwei Zustände: Oberer oder unterer Anschlag.
  6. Es war zuvor schon gesagt worden, dass jeder der beiden Eingangsarme in einem eigenen Schlitz laufe. Diese Arme haben oft eine endliche Länge, die kleiner ist als die Schlitzweite. Man kann also dem Frosch auch die Arme ausreißen, sprich: Es gibt für viele OpAmps deshalb eine maximale Eingangsspannungdifferenz zwischen dem "+" und "-" Eingang. Wird diese niederohmig überschritten, dann geht der OpAmp kaputt, und zwar in der Regel schlagartig! Hat man am Eingang strombegrenzende hohe Widerstände ( > 10 kΩ), dann kommt der OpAmp vielleicht aus dem Takt, überlebt aber diese Belastung.
  7. Wie wir sehen können, gehen die Schlitze für die Eingangsarme nicht (unbedingt) bis an die Ränder. Die Schlitzlänge soll den "Common Mode Input Range" andeuten, den OpAmps oft haben. Reißen wir eines der beiden Arme oder auch beide in einen Bereich außerhalb des Schlitzes, dann kann der OpAmp kaputt gehen, wir brechen ihm u.U. dadurch einfach einen oder gar beide Arme. Der günstigste Fall ist, dass der OpAmp im Moment nicht sauber arbeitet, da übersteuert. Der ungünstige Fall ist, dass der OpAmp schlagartig kaputt geht. Weiteres siehe unten.
  8. Auch die Schlitzlänge für den Ausgang ist begrenzt: Bei vielen OpAmps kann der Arsch weder Vcc- noch Vcc+ erreichen. Das kann Probleme geben, wenn wir einen Transistor abschalten wollen: Oft wird ein (Schalt-) Transistor in Emitterschaltung mit Emitter an Vcc- (npn) oder Vcc+ (pnp) am Ausgang betrieben: Da die Spannung nicht unter 0,6 V gebracht werden kann, können ohne Schaltungstricks solche Transistoren nicht ausgeschaltet werden. Ausnahmen s. unten.
  9. Das Ausscheidungsorgan unseres Frosches hat nur eine begrenzte Kapazität: Ist der Arsch oben und wir ziehen von außen mit einem Verbraucher Strom gegen Vcc-, dann hat unser Frosch einen relativ dünnen Darm und kann nur so 10 mA bis 20 mA liefern und zieht diese von Vcc+ durch ein Bein. Da eine (Strom-) quelle auf Englisch "Source" heißt, nennt man das auf Neudeutsch auch "sourcen". Zieht der Verbraucher mehr Strom, dann spricht entweder die Kurzschlusssicherung im OpAmp an - dann wird nach kurzer Zeit der Frosch u.U. gegrillt -, oder er geht wegen Überlastung der Endstufentransistoren kaputt: wir reißen dem Frosch den Arsch aus. Ähnliches gilt, wenn der Arsch unten ist: Dann muss er sich, wenn der Verbraucher gegen Vcc+ geschaltet ist, den Strom als Einlauf gefallen lassen (und nach Vcc- ableiten): Der Arsch verhält sich wie ein Wasser-Auslauf, auf Englisch "Sink", und deshalb redet man auf Neudeutsch von "sinken".  Auch hier gibt es Grenzen, in etwa die selben wie beim "Sourcen". Werden diese überschritten, dann platzt dem Frosch der Darm und er ist tot. Es empfiehlt sich also immer, mal in die Datenblätter eines OpAmps zu gucken, um nachzuschauen, was der Frosch denn so abgeben kann oder verträgt.
Frage: Ist oben irgendwo das Wort Masse aufgetaucht? Oder eine duale Speisespannung? Nein!

Der Frosch im Käfig kann dieses nicht wahrnehmen. Er sieht nur die beiden Wände, gegen die er seine Beine stemmt. Die Masse einer Schaltung ist nämlich eine willkürliche Festlegung des Konstrukteurs. So kann denn
ein Arm des Froschs an irgendein Spannungsniveau innerhalb der Eingangsschlitzlänge gelegt werden, und das ist dann die Spannungsreferenz (der Arbeitspunkt) für diesen OpAmp (s. Grundschaltungen unten).

Eine duale Speisespannung kann dann interessant sein, wenn Wechselstromsignale, die mit "+" und "-" Anteilen daherkommen,
ohne einen Koppelkondensator verarbeitet werden sollen. Sind diese im langsamen Bereich, etwa so niederfrequent, dass man den Änderungen noch auf einem normalen Messgerät zuschauen kann, dann wird eine genaue Weiterleitung dieses Signals über Koppelkondensatoren schwierig, hier ist eine Gleichstromkopplung gefordert. Oder Rechenoperationen gehen in den negativen Bereich.

Tja, und das war's denn schon fast.

Bleibt noch ein Blick auf die
Sonderfälle bzw. Sonderkonstruktionen:

Schlitze bis Vcc- Es gibt eine Familie von Operationsverstärkern, bei denen die Schlitzlänge auf Vcc- bis an den Anschlag geht. Vorteil: Die Eingänge und der Ausgang können (fast) Vcc- erreichen. Dieses prädestiniert diese Typen für eine einseitige Spannungsversorgung, (Vcc- = 0 V und z.B. Vcc+ = 30 V), weil fast 0 V erreicht werden kann (bei sehr kleinen Strömen), wichtig, um z.B. am Ausgang Transistoren abschalten zu können. Diese Typen werden auch "halbe" Operationsverstärker genannt, weil nur für "die obere Hälfte" einer dualen Spannungsversorgung ausgelegt.

Schlitze von Vcc- bis Vcc+ Diese Konstruktionen erlauben meist Eingangs- und Ausgangsspannungen über den vollen Speisespannungsbereich. Da dieser oft durch zwei parallele Linien im Schaltbild gezeichnet werden, die wie Gleise eines Schienenstrangs aussehen, nennt man diese Typen Rail-to-Rail Typen.

Aber Achtung: Das Erreichen der Speise-Spannungen Vcc+ oder Vcc- gilt in den allermeisten Fällen nur für eine Strombelastung nahe 0! Wird ein merklicher Strom gezogen, dann gilt das Rail-to-Rail schon nicht mehr!

Was ist der beste Operationsverstärker?
Schwer zu sagen: Eigentlich der für den gewünschten Effekt passende und bezahlbare! Es gibt allerdings manchmal technische Randbedingungen, die den Einsatz bestimmter Typen erzwingen und die alte Regel "Was mit einem 741er nicht geht, geht nicht!" vergessen lassen! Hier ein Beispiel. Und hier ein anderes.

Grafische Darstellung:

Vielleicht verklart folgende grafische Darstellung die Froschprobleme nochmal: für eine auf der X-Achse legenden Speisespannung ist auf Y der zugehörige Arbeitsbereich dargestellt. In Grün sind Spannungsbereiche für Ein- und Ausgänge dargestellt, in dem die OpAmps sauber "operieren", in gelb-rot sind Bereiche angedeutet, in denen die Eingänge nicht liegen sollen, weil dann der OpAmp nicht mehr sauber arbeitet oder gar gefährdet ist. Meistens können dann die Ausgänge keine Werte in den gelb-roten Bereichen annehmen: so liegt die Aussteuerbarkeit eines LM 324 zwischen Vcc- und (Vcc+ - 1,5 V)

"Normale" OpAmps Opamps bis Vcc- OpAmps Rail-to-Rail
Urtyp:
709 *1, 741 *1

MC 1458 *2

LM 348 *4

TL06x-08x

u.v.a..

Urtyp:
LM324  *4

LM 358 *2

TLC 272/4

???
Urtyp: (weiß nicht mehr)

TS 912, TS 913,
MCP 601/2/4,
TLV 271/2/4
...

und viele neuere Typen.
Diese Typen lassen sich durch
Typen der Spalten rechts ersetzen,
bei geeigneter Eingangsschaltung
und passender Ausgangsbelastung 
<== Austausch möglich, aber Achtung  <== Austausch möglich, aber Achtung
*1 1-fach ; *2 2-fach; *4 4-fach OpAmp Achtung heißt: Auf Eingangswiderstände und Ausgangsbelastung achten.

Nochmal eine Erläuterung zu der hohen Empfindlichkeit der Eingänge für Spannungsdifferenzen: Die Gleichspannungsverstärkung eines OPVs beträgt 10.000 bis 100.000 und mehr. Die Verstärkung ist definiert als Ua / Ue, jeweils bezogen auf die Referenzspannung Ur (s.u.), also dem Verhältnis der Ausgangs- zur Eingangsspannung. Gehen wir mal von einem Ua von 10 V aus, dann wäre die Eingangsspannungsdifferenz bei einem OPV mit Verstärkung 10.000 dann 10 V / 10.000 = 1 mV, bei 100.000 dann 100 µV. Das ist gegenüber anderen Spannungsdifferenzen in Schaltungen eigentlich immer sehr klein. Deshalb sagt man, dass im normalen Betriebszustand die Spannungsdifferenz zwischen den beiden Eingängen 0 V beträgt, die Eingänge also auf gleichem Potenzial liegen, und vernachlässigt die geringe Spannungsdifferenz zwischen den Eingängen, obwohl diese natürlich vorhanden sein muss, um den "Arsch" in die richtige Position zu schieben.

Die Komparatorschaltung ohne Rückkopplung ist schon vorgestellt worden. Was passiert aber, wenn man den "Arsch" des Froschs über einen Widerstand mit dem invertierenden Eingang verbindet und ihn damit an eine Kette legt? Hier die Antwort:

Grundschaltung 1: Der nicht invertierende Verstärker

Beim nichtinvertierenden Verstärker geht der Ausgang eines OPVs phasengleich mit dem Eingang mit, d.h. steigt das Eingangssignal an, geht auch die Ausgangsspannung nach oben.
Das nebenstehende Bild soll das verdeutlichen: Am Eingang E liege ein beliebiges Spannungsniveau zwischen Vst- und Vst+ und der Referenzeingang R liege fest auf einem (anderen) Niveau, aber auch zwischen Vst- und Vst+. Ue und Ua sind Spannungen bezogen auf R. Wie oben erwähnt reagiert der OP-Verstärker sehr empfindlich auf Spannungsdifferenzen zwischen seinen Eingängen. Der positive Eingang ist der nach außen fühlende. Liegt Ue über Ur, so schwingt der Ausgang des OPV sofort nach oben. Damit zieht er auch das Ende des Spannungsteilers nach oben und es wird deshalb ein Strom Richtung R fließen. Dieser Strom ruft an R1 einen positiven Spannungsabfall hervor. In sehr schneller Zeit regelt sich das Ganze so ein, dass an den beiden durch den roten Kreis markierten Stellen praktisch dasselbe Spannungsniveau bezogen auf R liegt. Damit liegt am Kopf des Spannungsteilers R2 + R1 mit Sicherheit eine höhere Spannung als am Eingang.
Ein mechanisches Analogon wäre eine Stange, bestehend aus R1 und R2. Weil das eine Ende an R festliegt kann nur das andere Ende (an Ua) bewegt werden. Wird dieses nach oben gezogen, dann kommt auch die Stelle des roten Kreises mit nach oben, aber nur bis dort das selbe Niveau (U+ - U- = 0!) herrscht. Ist Ue negativ zu R dann muss das Ende nach unten gehen, um die Bedingung U+ - U- = 0 zu erfüllen.
Der Spannungsteiler arbeitet hier also als Rechenwerk. Wir können praktisch davon ausgehen, das in den "-"-Eingang des OPVs kein Strom fließt. Es gilt deshalb I2 = I1, und damit (Ue - Ur) / R1 = (Ua - Ue) / R2. Das ergibt dann nach Umstellung der Gleichung
Ua / Ue = 1 + R2 / R1.

Interpretiert man diese Gleichung, so stellt sich heraus: Die Verstärkung ist immer >= 1.

Als Verstärker betrieben muss man auf Ua, jetzt aber bezogen auf Vcc-, aufpassen: Wie ganz oben beschrieben hat der Arsch in den meisten Fällen einen begrenzten Bewegungsbereich. Kommt der Ausgang mit den Arbeitsbereichsgrenzen Vst+ oder Vst- in Berührung oder gar darüber hinaus? Das wird den OPV nicht zerstören, aber er arbeitet nicht mehr richtig, das Rechenwerk Spannungsteiler wird nicht mehr mathematisch korrekt bedient.
Der Eingangswiderstand Re dieser Schaltung ist der des OPV-Eingangs und liegt damit i.d.R. hoch bis sehr hoch (bei FET- OPVs). Diese Schaltung wird deshalb auch als Elektrometerschaltung bezeichnet.

Grundschaltung 2: Der invertierende Verstärker

Beim invertierenden Verstärker geht der Ausgang eines OPVs phaseninvertiert mit dem Eingang mit, d.h. steigt das Eingangssignal an, geht die Ausgangsspannung nach unten.
Das nebenstehende Bild soll das verdeutlichen und sieht, oh Wunder, dem obigen zum Verwechseln ähnlich! Bei genauerem Hinschauen entdeckt man, dass R und E die Plätze gewechselt haben. Für die Arbeitsweise gilt zuerst mal dieselbe Erklärung wie oben, nur dass hier der Ausgang eben über den Fußpunkt E des Spannungsteilers bestimmt wird. Es gilt natürlich wieder, dass die Eingänge des OPVs auf eine Spannungsdifferenz von praktisch 0 V geregelt werden. Dazu muss sich hier der Ausgang invertierend bewegen.
Man kann sich auch hier gut ein mechanisches Analogon vorstellen: Der rote Kreis im Spannungsteiler wirke wie ein Lager für die Stange aus R1 und R2. Zieht man E nach oben, geht Ua nach unten. Drückt man, dann geht das Ende aufwärts.
Zur Berechnung der Verstärkung oder zur Auslegung gilt I2 = I1, und damit (Ue - Ur) / R1 = (Ur - Ua) / R2. Das ergibt dann nach Umstellung der Gleichung
Ua / Ue = -R2 / R1.

Interpretiert man diese Gleichung, so stellt sich heraus: Die Verstärkung ist 0 und kleiner, weil negativ. Sie kann vom Betrag aber auch kleiner 1 sein, also Abschwächen. Bei dieser Schaltung fließt immer ein Strom von Ua nach E, dieser kann auch negativ sein, seine Richtung also umkehren. Der Eingangswiderstand ist deshalb kleiner als bei der nichtinvertierenden Grundschaltung.

Auch hier muss man auf Ua aufpassen, es gelten dieselben Vorsichtsmaßnahmen wir oben.

Stellt man R2 mit 0 Ohm ein, d.h. der invertierende Eingang liegt direkt am Ausgang - man kann dann R1 weglassen - und hat eine Verstärkung von genau 1 und damit einen Spannungsfolger: Ua folgt genau Ur. Der Spannungsfolger erlaubt, eine Spannungsquelle nur gering zu belasten und diesen Wert relativ niederohmig zu puffern.

Wie schon erläutert, sehen beide Schaltungen sich zum Verwechseln ähnlich. Der wesentliche Unterschied ist die Beschaltung der OPV-Eingänge: Mal wird der positve Eingang des OPV auf R geklemmt und der negative wedelt mit der Eingangsspannung (invertierende Betriebsweise) oder der negative Eingang ist auf R geklemmt und die positive Spannung wedelt über dem positiven Eingang bei der nichtinvertierenden Schaltung. Die Verstärkung und das Ausgangsverhalten sind jedoch unterschiedlich.

Und jetzt kommt die geteilte Speisespannung ins Spiel: Will man R auf Masse legen, dann muss in den allermeisten Fällen die Speisespannung Vcc- auf negative Werte gegenüber Masse wandern, um den OPV noch am Arbeiten zu halten. Kommen invertierende Verstärker vor, muss bei R an Masse immer eine geteilte (duale) Speisespannung vorhanden sein. Ob denn wirklich mit symmetrischen Werten, sei dahingestellt.

Man kann R aber auch bei einer ungeteilten Speisespannung auf ein beliebiges Niveau zwischen Vst- (= Masse) und Vst+ legen. Beim invertierenden Verstärker reicht wegen des hohen Eingangswiderstands ein Spannungsteiler aus zwei Widerständen, beim nichtinvertierenden Verstärker fließt Strom, und deshalb muss R niederohmig ausgelegt sein oder gar geregelt werden.

Zusammenfassung:
Hat man dieses begriffen, dann sollten die zahllosen Anleitungen im Internet zur weiteren Information eigentlich kein wesentliches Problem mehr bereiten.



Version: 1.14  Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund,  09. 10. 2020