Ersatz einer Mutteruhr für eine elektrische Nebenuhr, 2008


Der hier gezeigte Mutteruhrersatz im Eigenbau ist inzwischen (leider) als historisch zu betrachten, weil das Haupt-IC. der programmierbare Teile 4526 wohl nicht mehr hergestellt wird oder zumindest bei den meisten Händlern nicht mehr erhältlich ist. Wohl nur Restposten werden manchmal zu fürstlichen Preisen angeboten. Der Grund dürfte sein, dass sich schon lange "beliebige" Zähler leicht mit frei programmierbaren Mikrocontrollern herstellen lassen und niemand mehr soetwas aus konkreten Bausteinen herstellt.

Die 2008 entworfene und gebaute Schaltung hat sich bewährt und läuft, wie ich vor einiger Zeit gesehen habe, noch einwandfrei. Mit einem Batteriesatz (s. unten) für ca, 3 Jahre. Offenbar auch in anderen Uhren, wie ich aus Zuschriften erfahren habe.

Nun trat für eine weitere Nebenuhr der Wunsch auf, wieder etwas auf die Beine zu stellen.

Die Erfahrungen werden auf einer
neuen Seite gezeigt.

Es wird eine Lösung vorgestellt, mit der nicht nur ein Minutenimpuls erzeugt werden kann, sondern auch ein Sekundenimpuls für ein Werk mit Sekundenzeiger. Trotzdem bleiben die Erläuterungen auf dieser Seite hier interessant und gültig.



Uhren in größeren Gebäuden sind oft Nebenuhren einer steuernden Hauptuhr. Diese war früher eine sehr genaue
, manchmal sogar fernsynchronisierte, Pendeluhr, die alle 60 s einen Polwechselimpuls aussandte, der in den Nebenuhren das Vorrücken des Minutenzeigers um einen Minutenstrich hervorrief. Mechanische Hauptuhren sind heute (wahrscheinlich) gesuchte Sammlerstücke.Wer nun auf eine Nebenuhr stößt, wird feststellen, dass er diese ohne Hauptuhr nicht betreiben kann. Ohne Ansteuerung über Polwechselimpulse geht es meistens nicht. Ein Mutteruhrersatz wird benötigt.Sucht man bei den Suchmaschinen nach Nebenuhren und Lösungen zu deren Ansteurung, so kommen interessante Lösungen heraus:
Mein Ziel war es, die zu betreibende Siemens Uhr möglichst original zu belassen und gehend an der Wand zu sehen, und zwar ohne störendes Netzkabel. Der Hauptuhrersatz sollte also dahinter verschwinden und für Batteriebetrieb geeignet sein. Die dazu entworfene und ausgeführte Schaltung ist:

Zur Stromversorgung: siehe Anmerkung am Ende der Seite

Anmerkungen zur Schaltung:
4060 Der CMOS IC 4060 enthält eine Oszillatorschaltung und einen 14-fachen Teiler. Für die Auslegung des Oszillators gibt es bei ON-Semi (früher Motorola) im Datenblatt eine recht genaue Anleitung zur Dimensionierung eines 32 kHz Quarzoszillators in Pierce-Schaltung. Danach ist der Ausgangswiderstand am Pin 10 (bei mir 150k) mit 750k auszulegen. Nur, mit 820k (E12-er Wert) konnte keine passende Frequenz erreicht werden, die Uhr ging immer nach. In einem alten Buch (McMOS Handbuch, Motorola, 1975) fand sich für Quarzoszillatoren die jetzt benutzte Auslegung der Schaltung, und mit dieser konnte beim Drehen am Trimmer mal Vor- und auch Nachlauf festgestellt werden. Dieser Widerstand hat sicher Einfluß auf den Stromverbrauch, darf aber offenbar nicht zu groß gewählt werden. Der 10 M Widerstand zur Linearisierung der Inverter besteht in realiter aus zwei in Reihe geschalteten 4M7 Widerständen.
Hinweis: Hier ist der Standard 4060 gemeint! Der 74HC4060 ist zwar pin- und funktionskompatibel, aber differiert elektrisch und ist deshalb nicht geeignet.
4526 der Erste Wenn man ihn noch bekommt! Sie werden leider selten!
Dieser teilt durch 15. Die Programmiereingänge 2, 5, 11, 14 liegen auf V+ und stellen den Zähler auf 15 ein. Die mit T = 0,5 s am Clock Eingang 6 einlaufenden Impulse setzen nun nach jeweils 7,5 s den Zähler auf Null. Daduch wird der Ausgang 12 für einen Clock-Impuls auf 1 gesetzt. Damit wird der Zähler wieder auf 15 eingestellt (High am Eingang 3).
4526 der Zweite Dieser Zähler ist durch Eingang 3 = Low auf 16 eingestellt. Die Programmiereingänge können deshalb auf beliebigem Niveau liegen. Am Ausgang Q3 (Pin 1) liegt die gewünschte Schwingung mit einem Polwechsel alle 60 s vor.

Die Verwendung des zweiten 4526 ist nur aus Gründen der Beschaffung (2 x 4526) gewählt worden. Es eignen sich auch alle anderen Binär-Teiler wie 4020, 4022, 4024, 4040 und vielleicht auch noch andere für einen 1:16 Teiler.

Der Aufbau dieser beiden Stufen folgt den Mustern in den Datenblättern von ON und NPX (Philips) recht genau.

Diese drei ICs werden mit einer Anzapfung nach 3 Batterien mit 4,5 V gespeist, weil dann der Stromverbrauch um eine Größenordnung kleiner ist als bei 15 V. Es empfiehlt sich, nach 5 Monaten (oder den Zeitumstellungen) die Batterien als Triplet mit je drei Batterien von "oben" auszutauschen. Die Lebensdauer des ganzen Satzes verlängert sich dann. 18 Monate sind  erreichbar. Die letzte Version ist der Einsatz von drei großen Batterien Typ Mono (D), mit denen eine Laufdauer des gesamten Batteriesatzes von weit über 2 Jahren erreicht wird.
7555 Treiberstufe
Das am Ausgang des Zählers liegende Signal hat eine Amplitude von 4,5 V. Diese muss auf 15 V angehoben werden. Bevor man eine (End-) Stufe aus einzelnen Transistoren aufbaut, scheint es einfacher, auf einen IC zurück zu greifen. Für ein solches Hoch- und Runterfahren der Spannung eignet sich die Endstufe eines 555 recht gut, die dabei noch in der Urversion bis zu 200 mA liefert. Wegen des geringeren Stromverbrauchs wurde hier aber eine passende CMOS Version gewählt: 7555.

Mit der Beschaffung dieses ICs kann es Probleme geben. Die Urversion als NE555 verträgt eine Speisespannung von bis zu 18 V. Aber bei den CMOS-Versionen gibt es zwei Familien: Die einen vertragen dieselbe maximale Speisespannung, andere aber nur 15 V. Die Hersteller sind mit der Benamsung ihrer Teile großzügig und nennen sie nur, als Beispiel, TS555, LMC555, ILC555, ... Diese sind zwar funktional alle identisch mit dem 555, aber unterscheiden sich in der zulässigen maximalen Betriebsspannung, die mal 15 V (TS555) oder auch 18 V sein kann (7555, LMC555, ILC555). Ein 15 V - Typ ist bei mir, bei frischen Batterien, die bis zu knapp 16 V liefern, mit einem hörbaren Knall explodiert, weil die 15 V überschritten waren.

Der deutlich niedrigere maximale Ausgangsstrom der CMOS Versionen ist immer noch ausreichend. Die Ansteuerung erfolgt durch ein gemeinsames Verfahren der Trigger und Threshold Eingänge. Liegt dieses Niveau unter 1/3 V+, dann geht der Ausgang hoch, liegt es über 2/3 V+, geht der Ausgang wieder herunter. Dieses schaltet der vom Ausgang des Zählers angesteuerte Transistor. Die Widerstände um diesen Transistor herum können wahrscheinlich noch höher ausgelegt werden, um Strom zu sparen.
Als denkbare Alternative sieht man rechts eine direkte Ansteuerung über einen Low Power OP, so man diesen bekommt (z.B. TLC27L2). Hier muss man in die Datenblätter schauen: Der Ruhestrom sollte (deutlich) unter 200 µA liegen, und der maximale Ausgangsstrom (sourcing, sinking) sollte schon bei 15 mA - 20 mA liegen.
Eine weitere Alternative, für Batteriebetrieb nicht so optimal geeignet, sie weiter unten.

Das Arbeiten mit der Reset Taste ist etwas trickreich: Hiermit kann man alle Zähler auf Null setzen. Aber nach 7,5 s wird am Ausgang ein Impuls geliefert, der den Minutenzeiger vorrückt.
Stellen der Uhr: Mit dem Handantrieb des Werks Minutenzeiger auf ein paar Minuten Nachgang einstellen. Dann den Reset Taster benutzen, bis man eine Minute nachhängt, und dann bei 52,5 s (also 7,5 s vor Nulldurchgang) auf der Referenzuhr zum letzten Mal Reset drücken. Dann geht die Uhr erst ein mal sekundengenau. Das Justieren des Trimmers kann je nach gewünschter Genauigkeit Wochen dauern.

Warum erzeugt diese Schaltung einen negativen Impuls?

Es gibt doch nur 0 V und +15 V als Speisespannung!

Die Erklärung: Der Ausgangskondensator sei nach dem Einschalten erst einmal ungeladen und der Ausgang des Treibers liege unten. Durch eine positive Flanke der Taktansteuerung wird der Ausgang schlagartig nach oben gerissen, der obere Transistor des 555 Ausgangs ist voll durchgesteuert.

Jetzt muss man zwei alte Regeln der E-Technik beachten:
An einem Kondensator kann sich die Spannung nicht schlagartig ändern, an einer Induktivität nicht der Strom. Hier liegen jetzt aber Ausgangskondensator (470 µF) und die Induktivität des Uhrenmotors ( R = 2k1, 20.000 Wdg) in Reihe.

Der ungeladene Kondensator legt beim Sprung der Spannung damit das obere Ende der Motorspule an V+ und deren Induktivität lässt den Stromfluss nur (elektronisch) langsam wachsen. Dadurch steigt die Spannung am Kondensator an und die Spannung über der Wicklung wird niedriger. So nimmt der Stromfluss mit steigender Spannung am Kondensator stetig bis auf Null ab. Der Kondensator ist dann voll geladen, der positive Polwechselimpuls ist zu Ende.

Wird jetzt nach 60 s die Ausgangsspannung wieder auf Null gerissen, dann ist der Kondensator voll mit 15 V geladen. Die Plus-Elektrode liegt dann auf 0 V, und damit die Minus-Elektrode auf -15 V! Der Kondensator wird jetzt über die Spule des Motors entladen, der Strom fließt also entgegensetzt zur Aufladung in die andere Richtung. Der Motor wird also richtig wechselweise mit positiven und negativen Impulsen angesteuert.

Warum muss es die Polwechselimpulse geben?

Die Stellmotoren in Uhren muss man den Schrittschaltmotoren zuordnen, und hier liegt einer mit 2 Stellungen pro Umdrehung vor. D, h. jeder Impuls erzeugt eine Drehung um 180°. Wie wird das erreicht und warum heißen die Impule Polwechselimpulse?

Wie bei allen elektromotorischen Antrieben gibt es auch hier einen Rotor und einen Stator. Der Rotor ist ein zylindrischer Dauermagnet, der quer zur Längsachse magnetisiert wurde. Der Stator ist eine vom Impuls durchflossene Stahlanordnung, die den Rotor fast vollständig umschließt. Eine Konstruktion dieser Art wird auch Lavet-Motor genannt, nach dem französischen Erfinder Marius Lavet.

Nur, wie kommt es, dass ein Impuls immer eindeutig in eine Richtung dreht?

Wie man am nebenstehenden Bild sieht, steht der Rotor in Ruhestellung nicht gerade zwischen den Polen des
SekundenimpulsenStators, sondern um ca. 45° gedreht. Die Kompassnadel zeigt dieses schön an.

Dieses entspricht der rechts gezeigten Anordnungsskizze: Der Rotor steht, magnetisch gesehen, schräg im Polspalt. Kommt der Impuls wie gezeigt, so wird der Rotor von den magnetischen Kräften geschubst und gezogen mit dem Nordpol zum Stator-Südpol kreisen und dabei die 180° Drehung fast vollenden. Nach Impulsende gibt es die Nord- und Südpole am Stator nicht mehr, und beim nächstem Impuls sind die Statorpole vertauscht und das Magnetfeld zeigt in die andere Richtung.

Nur was treibt den Rotor über die Stellung, in der die N-S=N-S Pole in einer Linie liegen (bezogen auf die Skizze also die 9 (= S) auf 3 (= N) Uhr Stellung des Rotors hinaus? Erst wenn das magnetische Feld des Stators zusammengebrochen ist kann der Rotor sich weiter drehen, denn unter dem magnetischen Rotor liegt eine magnetische Kurzschlussbrücke aus Stahl genau in der gezeigten N-S Richtung des Rotors, also von 1h30 nach 7h30.  (Bei einem Quarzuhrwerk werden auch Lavet-Motoren eingesetzt, diese sind aber komplexer. Erläuterungen hier.)

Die Notwendigkeit der Polwechselimpulse ist also klar: Nur wenn die Polarität wechselt, kann der Rotor im Stator wirklich gedreht werden. Kommen zwei Impulse gleicher Polarität hintereinander, dann wird der Stator nur um 45° rückwärts gedreht und geht nach dem Impuls die 45° wieder vorwärts in seine Ruheposition.

Die Schlussfolgerungen:

Betrieb ohne Batterien über ein Netzteil (am besten ein Schaltnetzteil wegen der geringeren Verluste im Vergleich zu Trafo => Gleichrichter > Glättungselko):

Für die 12 V -Version wir oben gezeigt geht das ohne Probleme: Die gesamte Schaltung kann mit 12 V versorgt werden. Die gezeigte 4,5 V - Versorgung ist nur wegen des weitaus geringeren Stromverbrauchs gewählt worden. Auch kann der 7555 durch einen "normalen" 555 ersetzt werden.

Bei höheren Spannungen darf die Speisespannung für die Schaltung 18 V nicht überschreiten, die CMOS-ICs vertragen keine höhere Spannung. Auch der 555 hat Grenzen. Ob man jetzt diese reduzierte Spannung so erzeugt, wie in der nächsten Schaltung für eine 5 V Speisung geziegt oder aber mit einem 7812, 7808, 7805 oder einem LM 317 eine Speisespannung einstellt, ist eigentlich gleichgültig und kann durch den Inhalt der Bastelkiste bestimmt werden. Wichtig: über diesen Reglern müssen i. d. R. 3 V - 3,5 V abfallen, um vernünftig zu arbeiten.

Nachsatz, um eine Idee mitzuteilen: Wer ein Werk mit hoher Bebtriebsspannung hat und es betreiben will, muss aber nicht unbedingt die hohe Spannung wie oben beschrieben aufbauen. Es sollte eigentlich auch möglich sein, mit einem umgekehrt betriebenen kleinen Trafo (z. B. 2 x 12 V, 15 mA, mit den beiden Sekundärwicklungen in Reihe geschaltet 24 V, das entspricht einer Übersetzung von ca. 10) 6 V auf 60 V hochzuspannen. D. h. die ganz oben beschriebene Schaltung wird im hinteren Teil mit nur 6 V betrieben, und statt der direkten Ansteuerung des Motors wird die 24 V Seite des Trafos geschaltet. Auf der eigentlich 230 V Seite wird der Uhrenmotor angeschlossen. Aber das ist nur eine Idee!

Und zu den Batterien:

Nach nunmehr fast vier Jahren Betrieb sind 3 komplette Batteriesätze trotz zyklischer Vertauschung verbraucht worden, im Schnitt also ca. 1,3 Jahre pro Satz. Dieses hat mich veranlasst, die Spannungsversorgung mit 4,5 V auf drei C-Zellen ("Baby") umzustellen. Da deren Kapazität das  ca. 3 - 4 fache der AA-Zellen beträgt, sollte die jetzige Batteriebestückung für ca. 3 Jahre ausreichen. Nur die "oberen" 7 Zellen sind noch vom Typ AA, die diese aber nur alle 120 sec den Kondensator nachladen, sollten auch diese wesentlich länger halten.

In der Tat hielt eine solcher Batteriesatz über drei Jahre die Uhr am Laufen. Dann waren die AA Typen auf ca. 1.05 V und die Cs auf 1,2 V entleert. Ziel erreicht!

Version: 1.23  Copyright: Rolf Süßbrich, Dortmund,  27. 05. 2024