Ausgehend von der Aufgae der Wiederinstandsetzung eines alten Messgerät trat das Problem
auf, im Wechselspannungs bzw. Wechselstrombereich des Instruments eine
durchgeschlagene Germanium-Diode OA 95 zu ersetzen. Wie das Instrument,
stammt auch diese Diode aus den 1960er Jahren und deren Fertigung ist
deshalb schon lange ausgelaufen und die Reste bei Händlern schon lange
vergriffen. Schaut man bei den Händlern in die Kataloge, so gewinnt man
den Eindruck, dass die Lieferbarkeit von Germanium-Dioden inzwischen
stark ausgedünnt ist und die wenigen, noch lieferbaren, zu fürstlichen
Preisen im Vergleich zu Silizium-Dioden angeboten werden.
Gut, wenn man in der Vergangenheit
jedes für den Müll vorgesehene Gerät zuvor demontiert und auf noch
brauchbare Teile untersucht hat. So hat sich denn ein kleines Kästchen
mit allen möglichen Dioden angesammelt. In der Hoffnung, darin
brauchbaren Ersatz für die OA 95 zu finden, wurde darin gewühlt. Nur
brachte der Vergleich mit Datenblättern keine brauchbare Information.
Das Studium des Schaltplans ließ erkennen, dass die Diode bei 50 µA
einen Spannungsabfall von 0,125 V haben sollte. Aber wie steht es denn
mit dem Verhalten bei Strömen unter 50 µA?
Das musste also gemessen werden. Wie, kann man bei Interesse hier nachlesen. Hier soll nur das Ergebnis dargestellt werden.
Eine wirklich brauchbare Darstellung der Ergebisse kann nur in einem
logarithmischen Diagramm erfolgen, denn wir bewegen uns bei Strömen
zwischen ca. 400 nA und 1 mA. Dieser etwas unübliche Bereich, der bei
der Darstellung der "normalen" Diodenkennlinien immer auf der
Spannungsachse zu liegen kommt, ist aber bei der hier gestellten
Aufgabe der interessante. Deshalb ist die Y-Achse, der Strom-Bereich,
in logarithmischen Masstab, was, wenn man daran nicht gewöhnt, nur schwer interpretierbar ist.
Links sehen wir zwei gekrümmte
Kennlinien von Germanium-Dioden (AA118 und AA119, gelb-grün). Wir
sehen, dass die AA118 als Ge-Unversaldiode bei geringen Strömen von
keiner anderen Technologie ersetzbar ist, denn sie wölbt sich
signifikant über die Kurven der anderen Dioden. Die AA119 hat einen
erheblich größeren inneren Widerstand, der Stromfluss für eine gegebene
Spannung ist deshalb deutlich niedriger.
An die Germanium-Dioden schließen
sich Silizium-Dioden an. Diese sind alle an der mehr oder weniger
linearen Kennlinie (im logarithmischen Maßstab!) erkennbar. Der leichte
Knick bei 10 µA ist sicher ein kleiner Fehler meiner Messapparatur, denn
gemeinhin wird diese Linearität in der Literatur immer wieder
angegeben.
Die ersten Si-Dioden sind
Schottky-Dioden BAT85 und BAT43. Sie fallen durch die hohe Steigung
auf, "überholen" die Ge-Dioden aber erst im Strombereich über 100 µA.
Das hört sich wenig an, machen diese Dioden aber als Ersatz-Diode für
das defekte Messgerät unbrauchbar!
Die seltsame Kurve mit der roten
Dreieckssymbolen gehört zu einer mit Farbringen kodierten Diode, deren
Kodierung sich mir entzieht. Was erstaunt, ist der Beginn im Bereich
der Ge- bzw. Schottky-Dioden und der relativ flache Übergang in den
Bereich der "normalen" Si-Dioden bei höheren Strömen. Eine eigenartige
und nicht zu den anderen Dioden passende Kurve.
Nach der "seltsamen" Diode beginnen
"normale" Silizium-Dioden, erkennbar an den durchgezogenen Linien. Die
BAY 93 "gewinnt" diesen Wettbewerb, sie zieht mit deutlichem Abstand
mit dem geringsten Widerstand an den Mitbewerbern vorbei. Danach kommen
sofort die eng beieinanderliegenden Linien für 3 Standarddioden 1N 4148
verschiedener Hersteller. Dies zeigt, wie genau inzwischen der
Herstellungsprozess laufen kann.
Auch die BAY 19 fällt in diesen Bereich. Sie werden eingegrenzt von
etwas auseinanderliegenden Linien für zwei
ITT EM 179, die vor Jahrzehnten mal in Tütchen à 100 Stück billig als
Si-Unversaldiode verramscht wurde. Mit etwas Abstand kommt dann eine in
Durchlassrichtung betriebene 6,2 V - Zenerdiode (diese wurde mal nur
aus Interesse mitlaufen lassen: Wie verhält sich eine Zenerdiode als
Diode in Durchlassrichtung?). Alle diese Dioden
habe in der Kennlinie weitgehend dieselbe Steigung.
Ganz hinten liegen eng beieinander
die Kurven von drei ungekennzeichneten Dioden in einem grauen
Würfelgehäuse (könnte von TFK sein), die nun eine ganz unübliche Lage
haben. Vielleicht sind das Kapazitätsdioden? Auch die von den anderen Si-Dioden abweichende Steigung der Kurven ist auffällig.
Gestrichelt sind dann noch Kurven von Transistor-Dioden dargestellt. Es ist immer die Basis =>
Emitter-Diode, und in den meisten Fällen mit offenem Kollektor
gemessen.
Nur zum Schluss kam ich mal auf die Idee, jeweils den
Kollektor mit der Basis beim Messen zu verbinden. Auch hier liegen
wieder weitgehend parallele Linien vor, gleichgültig, ob an einem npn-
oder pnp-Transistor gemessen wurde. Bei den beiden mit verbundenem
Kollektor vorliegenden Linien sieht man, dass beim selben
Strom die Vorwärts-Spannung UBE deutlich geringer ist (BC161-16 /
BC161-16CB und 2N1613 / 2N1613CB, s. Pfeile).
Dieses erklärt sich aus einem reduzierten Basisstrom! Bei der
Messschaltung wird mit einem aufgeprägten Strom gearbeitet. Dieser
teilt sich in Kollektor- und Basis-Strom auf, wenn der Kollektor mit
angeschlossen wird. Der Rückgang der Vorwärtsspannung um 30 mV bis 60
mV lässt auf ein Absinken des Basisstroms im Faktor 5 schließen.
Außerdem fällt auf, dass
die Steigung über den gezeigten Strombereich
von vier Dekaden nur bei dieser Schaltung sehr linear ist. Daraus kann
man schließen, dass die Verwendung von Transistordioden immer
mit kurzgeschlossenem Kollektor-Basis-Anschluss erfolgen sollte oder
gar muss. Diese Betriebsarten werden beim Einsatz in
Temperaturmessschaltungen oder Verstärkern mit logarithmischer bzw.
exponentieller Kennlinie benutzt.
Und wie sehen nun die Kennlinien von Ge-Dioden im gesuchten Bereich 1 µA - 50 µA aus? Hier sind einige:
Hervorgehoben sind die Linien der AA 118 als Referenz und der OA 95 aus dem
Resten des Brückengleichrichters im Messgerät. Die in meinem Kästchen
mit zwei roten (bzw. rot-violett) Ringen markierten Dioden können offenbar als Ersatz für
die OA 95 dienen, wie die AA 118 auch. Die mit einem roten und grünen
Ring markierten oder gar die AA 119 sind wohl nicht geeignet, weil der
Spannungsabfall bei 50 µA wohl über 140 mV liegt.
Auffällig ist die türkise Linie einer "uralt" Diode (s. Bild links) von
TeKaDe (K 5/61M). Auch die links davon liegende wahrscheinlich noch
ältere Siemens-Diode (217) kann mithalten.
Ist die AA118 als Ersatz für die AA119 brauchbar? Im Allgemeinen wohl
nicht, denn die AA119 ist eine HF-fähige Diode. Für die AA 119 sind in
einem alten Siemens Datenbuch immerhin Daten für den Betrieb bei 10,7
MHz (FM-ZF) angegeben, die für die AA 118 fehlen, d. h.
indirekt, sie ist für diesen Frequenzbereich nicht brauchbar.
Wie man sieht, muss man bei einem Ersatz einer defekten Ge-Diode die
umgebende Schaltung genau analysieren. Was ist der Zweck der Diode?
Gleichrichtung für die Stromversorgung? Dafür habe ich noch nie
Ge-Dioden gesehen. Aber falls es doch mal gemacht wurde: Hierfür kann
man ohne Zögern Si-Dioden (1N4148, 1N4001 - 7) einsetzen.
Gleichrichtung zum Messen? Liegt eine hohe Spannung vor (hoch heißt
hier: mehrere Volt), dann kann man sehr wahrscheinlich mit Schottky-
oder normalen Si-Dioden die Ge-Dioden ersetzen.
Wenn aber, wie bei mir, um's mV und µA gekämpft werden muss, dann sind Si-Dioden als Ersatz für Ge-Dioden unbrauchbar! Leider!